LNG gibt bereits seit Jahren kräftig Gas und erfährt aktuell einen kräftigen Boom. Denn der Konflikt mit Russland führt in den westlichen Industrieländern zu einer stärkeren Diversifizierung der Energie. Hierbei wird Flüssiggas als neuer Hoffnungsträger eine Schlüsselrolle spielen – und Armaturen werden eine Hauptrolle übernehmen.
Im Februar 2022 brach eine neue Zeitrechnung an. „Russlands unprovozierter Angriff auf die Ukraine ist vor allem eine humanitäre Katastrophe, hat aber auch eine große Energieversorgungs- und Sicherheitskrise ausgelöst“, erklärt Keisuke Sadamori, Director for Energy Markets and Security der International Energy Agency (IEA). Die Furcht vor einer Gasknappheit geht in den Industrieländern um, LNG soll sie lindern.
Neue LNG-Rekorde sind absehbar Bereits im Januar 2022 haben die europäischen Importe von Flüssigerdgas laut ICIS LNG Edge, Global LNG Hub, mit mindestens 8,1 Mio. Tonnen ein monatliches Rekordhoch erreicht. Insgesamt gibt es 37 LNG-Terminals in Europa, davon 26 in der EU. Europaweit gibt es damit eine Regasifizierungskapazität von rund 243,6 Mrd. Kubikmetern pro Jahr.
Das geplante Terminal in Brunsbüttel (Deutschland) wird für den Import und die Weiterverteilung von LNG errichtet. - Foto: German LNG Terminal GmbH
Nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine werden nun weitere, rund 20 LNG-Projekte angeschoben – neue Rekorde beim LNG-Import sind absehbar. Zwei Importterminals für flüssiges Erdgas sind etwa für Deutschland angedacht. Sie könnten nach Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz bis zu 20 Prozent des jährlichen Gasverbrauchs in Deutschland decken. Die Terminals und entsprechende Produktionsstätten sollen zur Versorgungssicherheit beitragen – benötigen aber hohe Investitionssummen, die auch in entscheidende Komponenten wie zum Beispiel Armaturen und Antriebe fließen.
Hohe Anforderungen bei Armaturen Den aufstrebenden LNG-Sektor hat beispielsweise Herose seit langem im Fokus – und er gewinnt nach Erkenntnissen des Unternehmens an Bedeutung. Allerdings müssen Armaturen bei Flüssiggas, um den Unternehmen Erfolg zu bescheren, hohe Anforderungen erfüllen. „Transportfahrzeuge für tiefkalt verflüssigtes Erdgas sind durch häufiges Befüllen, Transport und Entladung am Zielort größten Belastungen ausgesetzt“, erläutert Herose. Außerdem sind bei der LNG-Lagerung Betriebsdauer und Arbeitsleistung sowie Sicherheit und Zuverlässigkeit zentral. Für die Betankung mit LNG würden ebenfalls leistungsfähige Armaturen benötigt.
Emerson hat den LNG-Markt ebenfalls im Blick. Das Unternehmen liefert Automatisierungs- und Steuerungslösungen für die Gasförderung, Verflüssigungsanlagen, Transport, Regasifizierungsterminals sowie Pipelines und möchte „zu mehr Energieeffizienz, reduzierten Emissionen, mehr Produktion und Nutzung erneuerbarer Energien und saubereren Kraftstoffen beitragen“, betont Emerson Automation Solutions. Das Unternehmen entwickelt automatisierte Ventile für den kryogenen Einsatz.
In technischer Hinsicht erfordern Produktions- und Transportvorgänge in der Regel präzise Kontrollen von Druck und Temperatur, eine hohe Anlagenzuverlässigkeit und Systeme, die Prozessvariabilität und -verluste minimieren. „Emerson unterstützt LNG-Produzenten dabei, durch die Anwendung von Digitalisierung, fortschrittlichen Prozesssteuerungsstrategien und Anlagenleistungslösungen effizientere Abläufe zu ermöglichen“, erläutert das Unternehmen.
Von Uniper gechartertes LNG-Schiff „Schneeweißchen“. - Foto: Uniper SE
Explosionsschutz und Zertifizierung Die Armaturen der müller co-ax ag werden beispielsweise im Schiffsantrieb und bei der Rückverflüssigung auf LNG-Tankern eingesetzt. Die Bedingungen beim LNG sind herausfordernd. Denn das Erdgas wird bei einer Temperatur von ca. -162°C flüssig. Zudem werden hohe Anforderungen an die Sicherheit gestellt – wenn das LNG verdampft, entsteht ein explosives Gas. „Unsere Ventile erfüllen die Richtlinien zum Explosionsschutz und sind ATEX-zertifiziert“, erklärt das Unternehmen.
LNG würde auch als alternativer Kraftstoff für Schifffahrt, Lkw und Schiene besser verfügbar. Letztendlich ist dieser Weg „eine Übergangstechnologie, aber auch Wegbereiter zum Beispiel für die Anwendung von synthetischem LNG“, sagt Herose. Denn ein Terminal kann auch als Umschlagsplatz bzw. Lagerort für synthetisches Erdgas genutzt werden, wie etwa Power-to-Gas. „Über den Umweg Erdgas könnte die bestehende Infrastruktur erhebliche Mengen Windenergie speichern und verteilen. Ein fossiler Energieträger wird klimaneutral“, so das Unternehmen. Kohlenstoff im Methan würde bei der Synthese von Wasserstoff der Umgebung entnommen. „Es gelangt kein weiteres CO₂ aus den fossilen Speichern in die Atmosphäre. Erdgasleitungen und -speicher sind schon da, keine neuen Hochspannungsleitungen sind notwendig.“
Investitionsoffensive rechnet sich Essentiell für LNG-Anlagen sind Sicherheitsventile, die beispielsweise LESER fertigt. Das Unternehmen betont die entscheidende Bedeutung dieser Ventile. Denn bei LNG wird Erdgas auf -162 Grad Celsius abgekühlt und verflüssigt. Durch Erwärmung entstehen aber Überdrücke, die eine Absicherung nötig machen. „Über die ganze Lieferkette bestehen unterschiedliche Anforderungen an die Überdruckabsicherung, die durch geeignete Sicherheitsventilausführungen – zum Beispiel kompakte Gewindeventile oder aber technologisch herausfordernde pilotgesteuerte Sicherheitsventile – abgedeckt werden müssen“, erläutert LESER. Notwendig sei es, auf die Bedarfe und Anforderungen der einzelnen Prozessschritte der LNG-Branche einzugehen und gegebenenfalls Produkte weiterzuentwickeln.
Sicherheits-, Regel- und Absperrventile der Armaturenbranche werden also dringend für den boomenden LNG benötigt. Der europäische Markt ist hier breit aufgestellt – fernab jeglicher Abhängigkeiten. Und er ist mit seinen Qualitätsprodukten bereit für die massive Investitionsoffensive im Energiebereich und im Speziellen bei LNG-Anlagen. Eine Entwicklung, die sich für die Armaturenunternehmen rechnen wird.
Vom 29. November bis 1. Dezember 2022 präsentieren sich die Key-Player der Industriearmaturenbranche auf der VALVE WORLD EXPO mit begleitender Konferenz in Düsseldorf. Experten aus der ganzen Welt nutzen das Düsseldorfer Messegelände als internationalen Armaturengipfel, um hier ihre Innovationen zu präsentieren und aktuelle Forschungs- und Produktionsprozesse zu diskutieren.