Trendwende bei der Kabelbranche
Die Kabelbranche sieht sich bei der Übertragung des Fernsehens mittlerweile im Aufwind – zum Beispiel in Deutschland. Nach den Zahlen des Digitalisierungsberichtes aus dem Jahr 2014 empfangen insgesamt 17,85 Millionen Haushalte ihre Fernsehprogramme über einen Kabelanschluss. „Damit ist der Kabelbranche eine Trendwende gelungen: Erstmals seit mehreren Jahren ist die Zahl der Kabelfernsehanschlüsse nicht mehr gefallen, sondern hat leicht zugelegt“, stellt ANGA, der Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber e.V., erleichtert fest. Mit der schrittweisen Umstellung auf Digitalempfang hat das Kabelnetz durch eine größere Programmvielfalt sowie eine bessere Bild- und Tonqualität an Attraktivität gewonnen. Grund für die Optimierung ist, dass das digitale Fernsehsignal komprimierter ist und die benötigte Bandbreite geringer. Auch ist das digitale Signal unempfindlicher gegenüber Störungen.
Schon bald wird das digitale komplett das analoge Fernsehen ablösen. Laut dem Verband ANGA lägen „spätestens zum Ende des Jahres 2018 die Voraussetzungen für die Einstellung der analogen Fernsehverbreitung in den deutschen Kabelnetzen“ vor.
Glasfaserkabel auf dem Vormarsch
Die Entwicklung und Aufwertung der Kabelnetze sind aber noch längst nicht abgeschlossen – ihnen könnte eine verheißungsvolle Zukunft bevorstehen. Unternehmen und Privathaushalte konnten bereits in den vergangenen Jahren auf der Daten-Autobahn deutlich schneller unterwegs sein als noch vor zehn Jahren. Aber es geht noch schneller – dafür sollen in den nächsten Jahren leistungsfähigere Glasfaserkabel für Telefon, Internet und Fernsehen sorgen. Sie können ganz oder größtenteils die Koaxialkabel ablösen. Da zahlreiche europäische Länder noch erheblichen Bedarf an neuen Glasfasernetzen haben, sind in den nächsten Jahren auch Kabel- und Drahthersteller sowie Zulieferer von Kabel-Fertigungsanlagen mit ihren Produkten und Dienstleistungen gefragt. Sie müssen sich auf einen Wandel einstellen, der mittel- bis langfristig auf sie wartet und eine Chance darstellt.
Ursprünglich bestanden die Kabelnetze insbesondere aus Koaxialkabeln. Die Koaxialkabel – die meist aus einem Innenleiter aus dünnen, geflochtenen oder verseilten Kupferdrähten sowie Kabelschirmen aus ebenfalls geflochtenen Kupferdrähten bestehen – werden beim Kabelnetz auf Dauer zum Auslaufmodell. „Bei der Aufrüstung werden die Koaxialkabel zunehmend durch leistungsfähigere Glasfaserkabel ersetzt, um größere Datenmengen transportieren zu können“, erklärt ANGA. Die gleichzeitige Übertragung von Ton- und Fernsehfunk, Telefongesprächen und Daten via Internet wird durch Glasfaserkabel nochmals verbessert und erleichtert.
Der Grund für die Leistungsfähigkeit der Glasfaserkabel: Über Lichtsignale werden schnellere Übertragungsgeschwindigkeiten erzielt. Gegenüber elektrischen oder magnetischen Störfeldern ist die Übertragung unempfindlicher. Selbst über längere Strecken kommt es zu keinen Geschwindigkeits- oder Qualitätsverlusten. Bei Kupfer-Kabeln geschieht dies stattdessen durch elektrische Impulse – entsprechend störanfälliger und langsamer sind sie.
Hohe Investitionen sind notwendig
Zunächst aber wird es hybride Netze aus Koaxialkabel und Glasfaser, also Hybrid Fiber Coax (HFC)-Netze, geben, die eine Aufgabenteilung vorsehen: Die Glasfasernetze transportieren Signale und Daten über weite Strecken und die Koaxialkabel übernehmen dann die Verteilung in den lokalen Anschlussnetzen und innerhalb der einzelnen Häuser, erläutert der Kabelnetz-Betreiber „Kabel Deutschland“.
Als Ausbaustufen gelten laut ANGA FTTC, FTTB und FTTH. Bei FTTC (Fiber to the Curb) werden Glasfaser bis zum Koaxverstärker gelegt, bei FTTB (Fiber to the Building) bis zum Haus und bei FTTH (Fiber to the Home) bis in den Haushalt bzw. praktisch bis zum PC. Wie weit dieser Ausbau fortschreitet, hängt allerdings von der Nachfrage der Endverbraucher ab. Denn der Investitionsaufwand in sehr stark ausgebaute Glasfasernetze ist hoch.
Kein Zweifel herrscht allerdings daran, dass weit verzweigte Glasfaserkabel die Zukunft sind. Eine Entwicklung, auf die sich die Kabel- und Drahtbranche bereits einstellt – mit der Herstellung entsprechender Produkte und der Fertigung von Maschinen für die Kabel- und Drahtherstellung. Auf die Produktion von Glasfaserkabeln werden beispielsweise Kabelverseilmaschinen mit und ohne Rückdrehung, Drum Twister mit Verseilmaschinen, Bewehrungsanlagen und Stahlseil-Verschließmaschinen zugeschnitten. Für die Herstellung wird außerdem Technologie für das Vorformen, für die Faserproduktion und Faser-UV-Beschichtung benötigt. Ferner besteht für die Glasfaserkabel-Fertigung ein Bedarf an Mini- und Zentralrohren sowie Flachbandkabeln.
Deutschland Schlusslicht bei FFTH-Zugängen
Einige Kabelhersteller haben auch mit ihren kompletten Kabellösungen auf den Glasfasernetz-Ausbau reagiert. Es werden Hybridverbindungen angeboten, in denen elektrische Leiter und Glasfaserkomponenten kombiniert werden. Hinzu kommen getrennte Glasfaser- und Energiekabel sowie eine Lösung, bei der die bereits installierten Koaxialkabel für die Stromversorgung und als Leitung wieder verwendet werden, durch welche die Glasfaserdatenkabel verlaufen.
In vielen Ländern Europas bleibt beim Ausbau des Glasfasernetzes noch viel zu tun – vor allem bei FTTB- und FTTH-Zugängen. Das belegt der Rankingvergleich des FTTH-Councils Europe von 2014. Danach ist Deutschland in der EU weit abgeschlagen mit rund 275.000 Haushalten und nicht einmal unter den Top 30 platziert. Zum Vergleich verfügen Frankreich und Schweden über jeweils rund 1,2 Millionen Glasfaser-Anbindungen. Die Glasfaser-Versorgungsrate liegt in Schweden bei 26,5 Prozent, in Litauen gar bei 34 Prozent. Deutschland dagegen begnügt sich mit weniger als einem Prozent und gehört damit zu den Schlusslichtern. Weltweit betrachtet ist die Versorgungsquote zahlreicher Länder weitaus höher als die aller Europäer. Führend sind die Vereinten Arabischen Emirate mit 75 Prozent bei den FTTH- oder FTTB-Anschlüssen. Südkorea erreicht 63 Prozent, Hongkong 57, Japan 53, Singapur 41 und Taiwan 38 Prozent. China versorgt 37 Millionen Menschen mit diesen Glasfaser-Verbindungen, Japan 24,7 Millionen Menschen.
Hochleistungsnetze für den Wirtschaftsstandort
Wenn Staaten wie Deutschland, aber auch Italien und Griechenland nicht auf einen stärkeren Ausbau des Glasfasernetzes achten, könnte ihnen Ungemach drohen: „Länder, die nur zögernd ausrollen, werden viele Gelegenheiten verpassen, ihre wirtschaftliche Zukunft zu gestalten“, bestätigt Karin Ahl, Präsidentin des FTTH Council Europe. Auf der anderen Seite „erarbeiten die führenden Nationen sich einen ökonomischen Vorteil gegenüber ihren schlechter angebundenen Nachbarn.“ Eine Einschätzung, die die Unternehmen unterstreichen. „Die Relevanz intelligenter Hochleistungsnetze für den Wirtschaftsstandort Deutschland wird gleichsam stetig seitens der Industrie betont“, berichtet das Verbraucher-Informationsportal für FTTH, „Glasfaser-Internet“.
Glasfaser-Internet hat eine „Breitbandmüdigkeit“ als Grund für den noch verhältnismäßig geringen Glasfasernetz-Ausbau ausgemacht. „Das Interesse der Deutschen Verbraucher an Highspeed-Internet per Glasfaser hält sich bis dato sehr in Grenzen“, erläutert das Portal. „Wahrscheinlich auch weil, bis auf IPTV, noch kaum relevante Anwendungen seitens der Provider angeboten werden.“
Da die Einnahmen wegen des dürftigen Interesses mäßig, die Kosten für die Modernisierung des Netzes aber hoch sind, scheuen die für den Netzausbau zuständigen Unternehmen die erforderlichen Investitionen. Daher kommen vor allem dicht besiedelte, dynamische Regionen in den Genuss von Glasfaser-Internet. Ländliche Regionen haben eher das Nachsehen. Der Verband der Elektroindustrie in Deutschland, ZVEI, fordert daher von der Politik Förderprogramme für den Ausbau schwierig erschließbarer ländlicher Gebiete.
Technik, Kabel und Tiefbauarbeiten
Ein Beispiel: Für die Erschließung von 45.000 Haushalten werden – zum Beispiel in Hannover – gut 600 Kilometer Kabel verlegt und mehr als 170 Verteilerkästen neu errichtet. Rund 80 Prozent der Kosten entfallen auf die notwendigen Tiefbauarbeiten, die restliche Summe fließt in teure Technik und Kabel. Von daher verwundern die immensen Kosten bei einem Komplettumbau nicht: Das „Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur“ schätzt, dass ein bundesweiter Glasfaserausbau in Deutschland etwa 80 Milliarden Euro verschlingen würde.
Immerhin: In einem ersten Schritt strebt die deutsche Bundesregierung an, dass bis 2018 alle Haushalte mit einem Hochgeschwindigkeitsinternet von mindestens 50 MBit/s versorgt sind. Die Zukunft mit Glasfaserkabeln verspricht aber noch mehr Leistung. Technisch sind bei ihnen bereits jetzt 100 MBit/s möglich. Und es gibt bereits erste Projekte mit 200 MBit/s.
Mitunter müssen Glasfaserkabel – über das Verlegen in der Erde hinaus – ungewöhnliche Strecken für außergewöhnliche Projekte bewältigen – etwa für unterseeische Telekommunikations-Großprojekte. Ein Großauftrag zum Beispiel für Nexans umfasste die Lieferung von rund 1.050 Kilometer URC-1-Kabel ohne Verstärker. „Diese Kabel bestehen üblicherweise aus 24 bis 48 einzelnen Fasern, die aneinander gelegt einmal rund um die Welt reichen würden“, so das Unternehmen. Für das Projekt von Global Marine werde durch die Kabel ein breites Spektrum an Anwendungen abgedeckt – von der Übermittlung wissenschaftlicher Daten einer Beobachtungsstation in der Arktis über die Kommunikation zwischen Offshore-Ölplattformen bis hin zur Breitbandversorgung abgelegener Regionen Schottlands. Die Kabel, so der Hersteller weiter, ermöglichten die Verbindung von terrestrischen Stationen, die bis zu 500 Kilometer voneinander entfernt sind, ohne dass hierzu eine Verstärkung des Signals durch unterseeische Verstärker erforderlich sei. Aufgrund ihrer robusten Beschaffenheit könnten sie in Wassertiefen bis zu 4.000 Metern verlegt werden. Auch bei dieser Unterseeanwendung über lange Strecken bewähren sich Glasfaserkabel.
Glasfaserkabeln gehört die Zukunft
Bei einem weiteren Projekt verwendet Global Marine zwei Glasfaserkabel mit einer Länge von jeweils 250 Kilometern, um die im arktischen Archipel Svalbard gelegene Beobachtungsstation Ny Aalesund mit der Verwaltungshauptstadt Longyearbyen zu verbinden. Da die Satellitenstation in Longyearbyen bereits an das norwegische Festland eingebunden ist, erhalte Ny Aalesund durch diese Erweiterung eine Breitbandanbindung an das internationale Netz, so Nexans.
Keine Frage, den Glasfaserkabeln mit ihrer immensen Leistungsfähigkeit gehört die Zukunft in einer digitalen Welt, deren Datenmenge kontinuierlich wächst. Für die Glasfaserkabelproduzenten und die Hersteller von Anlagen zur Glasfaserfertigung türmt sich also ein gewaltiger Aufgabenberg – dessen Abarbeitung die Branche natürlich gerne nachkommt …
Neueste Entwicklungen auf dem Gebiet der Glasfaserkabel werden vom 16. bis 20. April 2018 auf der wire, Internationale Fachmesse Draht und Kabel, in Düsseldorf präsentiert.