Sind Sie „auf Draht“? Oder haben Sie „Nerven wie Drahtseile“….? Benutzen Sie gelegentlich Ihren „Drahtesel“, um ans Ziel zu kommen? Bilder rund um den „Draht“ sind längst Teil unserer Sprache. Denn Draht findet sich überall im täglichen Leben. Selbst dort, wo man ihn nicht vermutet.
Draht ist mehr als gedrehtes Metall. Draht hat eine Geschichte und eine Zukunft. Und eine große Bedeutung für fast alles, was uns heute so selbstverständlich erscheint.
Das Deutsche Drahtmuseum in Altena (Photo: Märkischer Kreis/Klaus Sauerland)
Über alle Aspekte von Draht informiert anschaulich das Deutsche Drahtmuseum in Altena. Unter dem Motto "Vom Kettenhemd zum Supraleiter" wird dort die Technikgeschichte des Drahtes ebenso thematisiert wie seine Sozial-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte. Das Museum zeigt eine Ausstellung, die einen wichtigen Teil des modernen Lebens für alle verständlicher macht.
Und veranschaulicht, wie seine Produktion sich weiter entwickelt und verfeinert hat – ausgehend von harter, schweißtreibender Arbeit, bei der der Draht nur mit Muskelkraft so lange durch ein Zieheisen mit unterschiedlichen Durchmessern gezogen wurde, bis man die gewünschte Stärke erreicht hatte. Der Besucher kann hier selbst erproben, wie viel Kraft aufzuwenden war, um Draht mit Muskelkraft zu ziehen. Dabei wird schnell klar, dass dies den Draht zu einem damals sehr seltenen und teuren Produkt machte.
Unter anderem durch wassergetriebene Ziehbänke aus dem 19. Jahrhundert wird anschließend deutlich gemacht, wie entscheidend Wasserkraft die Drahtherstellung erleichterte. Höhepunkt aber ist eine voll funktionsfähige industrielle Drahtzieherei mit Ziehmaschinen aus den Jahren 1920 bis 1952. Bei Führungen, die an jedem 1. Sonntag im Monat kostenlos stattfinden, werden sie von erfahrenen Drahtziehern sogar in Betrieb genommen. Im Museum wird also auch heute noch richtig Draht gezogen.
Aber die Ausstellung widmet sich auch nicht zuletzt den Menschen, die mit der Produktion von Draht befasst waren und sind. Eine Vielzahl von Themen wird angerissen: die verschiedenen Tätigkeiten der Drahtzieher, Arbeitssicherheit und Unfallverhütung, Kontrolle und Organisierung der Arbeit, Arbeitslohn und betriebliche Sozialpolitik, Kinderarbeit und Ausbildung, Angestellte und Unternehmer und die weltweite Vermarktung deutscher Drahtprodukte.
Eine eigene Abteilung ist dem Thema Schmuck und Schutz gewidmet. Hier werden die frühesten Anwendungsgebiete des Drahtes gezeigt. Denn schon vor rund 5 000 Jahren fertigten die Ägypter Golddrähte mit verschiedenen Techniken und verarbeiteten sie zu Schmuckstücken weiter.
Doch auch als Schutz hatte Draht eine große Bedeutung. Seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. war lange Zeit das aus Eisendraht hergestellte Kettenhemd die wichtigste Schutzausrüstung von Kriegern. Tausende von Drahtringen wurden dabei zu Kettenpanzern verflochten. Ein Kettenhemd aus dem 14. Jahrhundert ist eines der Prunkstücke dieser Abteilung.
(Photo: Märkischer Kreis/Klaus Sauerland)
Ausgehend von diesen beiden traditionellen Anwendungen zeigt die Ausstellung in unkonventioneller Zusammenstellung Drahtprodukte, welche im wahrsten Sinne des Wortes glänzen: liturgische Gewänder, Uniformen, Trachten, Fahnen und Andachtsbilder - allesamt mit kostbarer Gold- und Silberdrahtbestickung -, aber auch Weihnachtsschmuck aus geplättetem Draht oder Designobjekte aus Draht.
Aber was kann Draht noch? In einem eigenen Raum hat der Besucher die Möglichkeit, sich an Versuchsstationen aktiv mit den mechanischen Eigenschaften von Draht und den daraus abgeleiteten Anwendungsmöglichkeiten dieses Werkstoffs auseinander zu setzen. So kann er hier unter anderem unter dem Mikroskop weiches und hartes Drahtgefüge unterscheiden lernen, das Prinzip der nimmermüden Drahtfeder an einem überdimensionalem Kugelschreibermodell erkunden und an vielen mit Drahtfedern funktionierenden Gegenständen den weiten Einsatzbereich von Draht selbst ausprobieren.
Man kann Draht mit einem Oktavklavier - wie einst Mozart - oder einem Harfennachbau zum Klingen bringen und das Modell eines Drahtwebstuhls in Betrieb nehmen oder ein Flugzeugmodell über Seilzüge aus Draht steuern. Auch Elektrizität und moderne Kommunikation hätten sich ohne Draht sicher nicht im heute gewohnten Maß entwickelt – auch wenn inzwischen meist „wireless“ kommuniziert wird, wird immer noch ein kleines Stück Draht gebraucht.
In einer eigenen Abteilung machen Ausstellungsstücke dem Besucher bewusst, dass ohne Draht maßgebliche Erfindungen und Entdeckungen, insbesondere des 19. und 20. Jahrhunderts, nicht möglich gewesen wären. Hier kann man selbst spielerisch ausprobieren, wie Draht elektrotechnisch angewendet wurde und wird. So gibt es beispielsweise interaktive Stationen, die das Dynamoprinzip vermitteln.
Erfahren kann man auch die unterschiedliche elektrische Leitfähigkeit von Drähten aus verschiedenen Metallen, die Wärmeleitfähigkeit des Drahtes, das Prinzip des Elektromagnets, das Messen von Temperaturen oder das Morsen. Mittlerweile wirkt es antiquiert. Doch die Erkenntnis, welche Rolle Draht im täglichen Leben spielt, und wie wichtig Draht für die Entwicklung dieser Annehmlichkeiten war, lässt den Besucher staunen.
Das Tüpfelchen auf dem „i“ bietet zum Abschluss der Exkurs zum Thema „Draht und Kunst“. Unter anderem ausgestellt sind hier zwei der berühmten Nagelbilder von Günther Uecker, die im Wesentlichen aus Drahtstiften bestehen. Gezeigt wird, dass Draht auf verschiedene Art und Weise in die Kunst Einzug gehalten hat: um Skulpturen fast schwerelos wirken zu lassen, als Mittel für dreidimensionale Zeichnungen oder als Werkstoff im Verbund mit anderen Materialien.
Fazit: Ein Besuch in Altena schafft viele Aha-Effekte – und ist mit Sicherheit kein „Drahtseilakt“.
-gna-
Mehr zum Thema:
- Deutsches Drahtmuseum bei Wikipedia
- Museen Burg Altena
- Öffnungszeiten und Preise
Zieheisen im Deutschen Drahtmuseum (Photo: Märkischer Kreis/Klaus Sauerland)
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