Grüner Wasserstoff schon heute: Diese fünf Elektrolyse-Anlagen sind bereits in Betrieb
Grüner Wasserstoff schon heute: Diese fünf Elektrolyse-Anlagen sind bereits in Betrieb
Nobian-Standort in Bitterfeld-Wolfen
In der Wasserstoffbranche dreht sich vieles um Ankündigungen, Vereinbarungen, Planungen und Genehmigungen. Ab und zu wird der Spatenstich für eine neue Anlage gesetzt, doch dass Elektrolyseure in Deutschland tatsächlich grünen Wasserstoff produzieren, ist bislang eine Seltenheit. Manche Anlagen sind allerdings schon heute in Betrieb. Das ist interessant für Hersteller von Industriearmaturen und Dichtungen, da es zeigt, dass der grüne Wasserstoff kein Traum bleiben muss. Wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht, werden viele Projekte folgen - das Potenzial für den Armaturenmarkt liegt auf der Hand. Hier sinddaher fünf der leistungsstärksten Wasserstoffanlagen der Bundesrepublik.
Die H&R Ölwerke Schindler GmbH produziert seit November 2017 den für ihre Raffinerie benötigten Wasserstoff selbst
Platz 5: 5-MW-Elektrolyseur der H&R Schindler GmbH am Raffineriestandort Hamburg
An ihrem Raffinerie-Standort in Hamburg-Neuhof betreibt die H&R Ölwerke Schindler GmbH seit Ende 2017 einen Elektrolyseur mit 5 Megawatt Leistung. Die Installation der Wasserstoff-Anlage war ein Teil des Konzeptes "Grüne Raffinerie", da H&R sie auch mit Strom aus erneuerbaren Quellen betreibt. Der so produzierte Wasserstoff kommt dann bei der Herstellung von Spezialproduktenaus Mineralöl zum Einsatz. Die von Siemens Energy bereitgestellteAnlage basiert auf der PEM-(Proton Exchange Membrane) Technologie und soll jährlich mehrere hundert Tonnen Wasserstoff produzieren.Die Investitionskosten lagen laut dem Unternehmen bei rund 10 Millionen Euro.
Eine Besonderheit der Anlage: Sie arbeitet "regelflexibel", kann also Stromüberschüsseaus Wind- oder Solarenergie zur Wasserstoffproduktion nutzen und somit als Pufferspeicher dienen. Damit hilft der Elektrolyseur dabei, das Stromnetz in Spitzenlastzeiten zu stabilisierenund beugt einem Stromverlust bei Überproduktion vor.
Langfristig will H&Rseine fossilen Rohstoffe durch nachwachsende und synthetisierte, CO2-neutral erzeugte Produkte zu ersetzen. Das Unternehmen sieht sich als Innovationsführer in der Sektorenkopplung, da es den Stromsektor mit der stofflichen Nutzung von Wasserstoff im industriellen Maßstab verknüpft.
Energiepark Mainz: Elektrolysehalle mit Rückkühlern, Wasserstofftanks und Verdichter-Container
Platz 4: 6-MW-Elektrolyseur der Mainzer Stadtwerke und Linde Group im Energiepark Mainz
Schon seit 2015 betreiben die Mainzer Stadtwerke gemeinsam mit der Linde Group am Energiepark in Mainz eine PEM-Elektrolyse mit 6 Megawatt Gesamtleistung. Bei ihrer Inbetriebnahme vor rund zehn Jahren war sie laut den Unternehmen ie größte ihrer Art weltweit. Auch der Wasserstoff aus dem Mainzer Energiepark ist zum Teil grün, da er überschüssigen Strom aus Windkraftanlagen in der Umgebung nutzen kann. Damit spielt er auch eine Rolle bei der Stabilisierung des Mainzer Stromnetzes.
Kernstück der Anlage sind drei PEM-Elektrolyseure von Siemens, jeweils mit einer Spitzenleistung von 2 Megawatt. DiePEM-Technologie ermöglicht eine besonders flexible Fahrweise, die für die Nutzung volatiler erneuerbarer Energien wie der Windkraft vorteilhaft ist. Daher findet sie bei den heute bereits laufenden Elektrolyseuren oft Anwendung.
Der Prozess basiert auf saurer Elektrolyse mit einem polymeren Festelektrolyten, wobei Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt wird. Ein von Linde entwickelter "ionischer Verdichter" komprimiert den produzierten Wasserstoff für die Speicherung und den Transport.
Energiepark Wunsiedel mit der Wasserstoffanlage in weiß unten links
Platz 3:8,75-MW-Elektrolyseur der WUN H2 GmbH im Energiepark Wunsiedel
Das Joint Venture WUN H2 GmbH wurde 2021 von der Rießner-Gase GmbH, der Siemens Project Ventures GmbH und den Stadtwerken Wunsiedel gegründet. Das Ziel der Unternehmen waren die Errichtung und der Betrieb eines der größten Energiespeichers Bayerns.Im September 2022 ging die von der Siemens AG gebaute PEM-Anlage dann in Betrieb. Siezähltseitdem nicht nur zu den größten ihrer Art in Deutschland, sondern in ganz Europa.
Aufgrund ihrer hohen Fertigungskapazität produziert die Anlage nach Angaben der WUN H2 GmbH bis zu 175 kg Wasserstoff pro Stunde. Die mögliche Jahresproduktion geben die Betreiber mit 1.350 Tonnen grünen Wasserstoffs an. Der benötigte Strom stamme dabei ausschließlich aus regionalen und überregionalen Solar- und Windkraftanlagen. Und dies nicht zu knapp: Den jährlichen Energiebedarf beziffern die Betreiber auf bis zu 60.000 MWh.
Nach seiner Produktion wird der Wasserstoff auf bis zu 500 bar verdichtet und direkt vor Ort in Tanks gespeichert. Da seine Reinheit nach einer entsprechenden Aufbereitung bei bis zu 99,999% liegt, kann er unter anderem in mobilen Brennstoffzellen bzw. dem Verkehrssektor eingesetzt werden. Darüber hinaus vertreibt WUN H2 den Wasserstoff an lokale Industrieunternehmen.
Der Refhyne-Elektrolyseur in Wesseling
Platz 2:10-MW-Elektrolyseur von Shell im Shell Energy and Chemicals Park Wesseling
Im Shell Energy and Chemicals Park Rheinland in Wesseling bei Köln steht der vermutlich zweitgrößte Elektrolyseur Deutschlands. Die Inbetriebnahme erfolgte im Sommer 2021 durch den niederländischen Mineralöl-Giganten Shell. Damals gab der Konzern an, dass es sich um die größte PEM-Elektrolyse Europas handle.Gebaut wurde er vom britischen Hersteller ITM Power in Sheffield, wobei einzelne Komponenten aus Schweden, Spanien und Deutschland kommen.
DerBau der "Refhyne" genannten10-MW-Anlage, wurde vom EU Fuels Cells and Hydrogen Joint Undertakinggefördert. Sie soll jährlich bis zu 1.300 Tonnen grünen Wasserstoffproduzieren. Shell plant bereits die Errichtung einer zweiten Anlage am Standort, die mit 100 MW Leistung zehn Mal so groß dimensioniert wäre: Refhyne II. Allerdings wurde der Bau bislang verschoben, ursprünglich sollte er bereits 2022 beginnen.
Shell ist einer der fünf weltweit größten Mineralöl-Konzerne. Seine CO2-Emissionen wollen die Niederländer aber bis 2050 auf null senken. Im Rheinland plant Shell die Produktion nachhaltiger Chemie- und Energieprodukte, wobei Wasserstoff, zirkuläre Abfallstoffe und Biomasse als Rohstoffe dienen sollen.
Nobian-Standort in Bitterfeld-Wolfen
Platz 1:~16-MW-Chlor-Alkali-Elektrolyseur von Nobian im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen
Im November 2021 hat der Chemieproduzent Nobian im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen die Produktion und Lieferung von grünem Wasserstoff für einen internationalen Kunden begonnen. Damit handelt es sich um den größten Elektrolyse-Standort Deutschlands - nach Angaben des Unternehmens benötigen die Elektrolyseure 28 MW Strom, der Strombedarf der Gesamtanlage belaufe sich sogar auf 32 MW
Die Chlor-Alkali-Membranelektrolyse erzeugt spaltet eine wässrige Natriumchloridlösung mit erneuerbarer Energie gleichzeitigin Chlor, Natronlauge und grünen Wasserstoff. Der CO2-Fußabdruck werde dabei im Vergleich zu konventionellem Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen um 90 % reduziert. Dabei erfülle das Erzeugnis den TÜV Süd CMS 70 Standard. Zudem plane das Unternehmen, alle seine Standorte für die Produktion von grünem Wasserstoff zu zertifizieren. Die Zertifizierung erfolgt nach strengen Regeln und soll gewährleisten, dass bei der Produktion ausschließlich Grünstrom zum Einsatz kommt.Am Standort Bitterfeld kann Nobianso nach eigenen Angaben jährlich bis zu 2.700 Tonnen grünen Wasserstoff produzieren.
Fazit
Die ersten Anlagen in Deutschland produzieren bereits, und viele weitere sollen folgen. Am 15. Juli überreichte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit den Wirtschaftsministern aus 10 beteiligten Bundesländern die Förderbescheide für 23 große Wasserstoffprojekte.
Insgesamt 4,6 Milliarden Euro fließen damit in die IPCEI-Vorhaben, weitere 3,3 Milliarden Euro an Privatinvestitionen sollen folgen. Mit dem Geld sollen unter anderem 1,4 GW an Elektrolyseleistung und 2.000 Kilometer H2-Pipelines entstehen. Geld ist also da, und Pläne für Projekte ebenfalls - es fehlen nur noch die Aufträge an die Hersteller wasserstofffähiger Armaturen.
Wenn Sie mehr über das Thema erfahren wollen, besuchen Sie die wire & Tube 2026in Düsseldorf. Die Produktion von Wasserstoff ist hier eines der Hauptthemen.