Bisher waren Optimierungen meist nur innerhalb einzelner Partnerunternehmen möglich. Mit den derzeitigen Methoden kann zwar die Lieferkette modelliert werden, jedoch werden Prozesse und Materialien überwiegend mit Emissionsfaktoren bewertet, die auf Durchschnittswerten basieren.
Catena-X PCF Rulebook v2.0
“Catena-X schlägt ein von der bisherigen Vorgehensweise radikal abweichendes Vorgehen vor: Unternehmen nutzen den Catena-X Datenraum, um sich zu vernetzen und PCF-Werte nach einer standardisierten Methodik auszutauschen. Dies erfolgt auf jeder Wertschöpfungsstufe und ermöglicht, dass sich Unternehmen bei der Berechnung und Berichterstattung auf die eigene Wertschöpfung konzentrieren.” Niels Angel, Product Owner, Catena-X
Die Berechnung eines einheitlichen Product Carbon Footprint (PCF) für die Automobilindustrie erfordert, dass alle Unternehmen ihren PCF nach denselben Standards ermitteln und melden. Catena-X hat in den letzten zwei Jahren ein Datenmodell, Übertragungsstandards und insbesondere einen Standard zur Berechnung eines PCF für die Automobilindustrie entwickelt: das Catena-X PCF Rulebook v2.0.
Ein solcher Berechnungsstandard muss auf allen Produktionsstufen, von der Rohstoffgewinnung bis zur Herstellung der Endkomponenten und Fahrzeuge, akzeptiert und angewendet werden. Durch die Harmonisierung von branchen- und materialspezifischen Methoden sollen vergleichbare und umfassende Ergebnisse entlang der automobilen Wertschöpfungskette erzielt werden.
Catena-X und Stahlindustrie
Gemeinsam könnten der Stahlsektor und Catena-X für hohe Glaubwürdigkeit in der Messung von CO2-Emissionen und tatsächlichen Einsparungen über verschiedene Industrien hinweg sorgen. Seit der Veröffentlichung der ersten Ökobilanz-Studie und -Methodologie durch die World Steel Association vor etwa 30 Jahren hat sich der Stahlsektor als führend in der Erfassung von CO2-Emissionen etabliert. Das Catena-X Netzwerk könnte diesen Vorteil nutzen, um die fortschreitende Dekarbonisierung der Stahlindustrie innerhalb der automobilen Lieferkette zuverlässig, nachvollziehbar und einheitlich zu kommunizieren.
LESS: Ein neuer Standard für klimafreundlichen Stahl
Dr. Martin Theuringer, Geschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Stahl, betont die Bedeutung der Definition und Standardisierung von grünem Stahl, um klimafreundliche Produkte effektiv zu kennzeichnen und so die Nachfrage nach diesen Produkten zu fördern. Der Product Carbon Footprint (PCF) allein reiche jedoch nicht aus, um klimafreundlichen Stahl zu definieren.
“Dies hängt damit zusammen, dass die im Stahl enthaltenen Emissionen ganz entscheidend von dem Herstellungsverfahren und auch den eingesetzten Legierungsmitteln abhängen. Dies muss berücksichtigt werden, damit die Transformation vorankommt.” so Theuringer.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat deshalb im Rahmen eines Stakeholder-Dialogs ein Konzept für grüne Leitmärkte erarbeitet, das im Kern eine Kennzeichnung für CO2-reduzierten Stahl enthält, wodurch die transformative Qualität unterschiedlichster Stahlsorten vergleichbar wird. Damit liegt nun ein ganz entscheidender Baustein vor, um grüne Leitmärkte auf den Weg zu bringen – auch in der Automobilindustrie.
Die Wirtschaftsvereinigung Stahl hat bereits einen Vorschlag für ein Klassifizierungssystem und ein Regelwerk entwickelt, das die Berechnung eines einheitlichen PCF ermöglicht und dabei hilft, grünen Stahl weltweit glaubwürdig zu zertifizieren. Nun müssten Deutschland und die EU schnell handeln, um diese Standards zu etablieren und international durchzusetzen, betont Theuringer. Einen ersten großen Erfolg auf diesem Weg markiert der 22. April 2024 – der Tag der Einführung des Low Emission Steel Standard (LESS).