Wirft man vom Südwesten aus einen Blick nach Nordosten, zeigen sich die Folgen des Klimawandels von einer wiederum anderen Seite: In Berlin herrscht seit geraumer Zeit eine Wasserkrise. Laut dem Berliner Forschungsinstitut Kompetenzzentrum Wasser bewegt sich die Region im Hinblick auf die lokalen Niederschlagsmengen in den letzten Jahren bundesweit auf den untersten Rängen. Dies führte, mitverursacht durch sommerliche Hitzewellen mit über 38 °C, wiederholt zu langanhaltenden Dürrezeiten und dem damit einhergehenden Trockenfallen von Flüssen, Teichen, Mooren und Feuchtgebieten. Ein Teufelskreis, denn die Austrocknung von Mooren führt unter anderem zu einer vermehrten Freisetzung von CO2, was wiederum den Klimawandel befeuert.
Dürreperioden mit sinkenden Grundwasserspiegeln sind in Deutschland jedoch keine Einzelphänomene mehr: Am Dürremonitor des „Helmholtz Zentrum für Umweltforschung“ lässt sich ablesen, dass der Feuchtigkeitsgehalt des Oberbodens (5-40 cm Tiefe) wie auch des Gesamtbodens (50-150 cm Tiefe) im Jahresverlauf – insbesondere im Osten und Süden Deutschlands – immer wieder von „ungewöhnlicher Trockenheit“ bis zu hin zu „außergewöhnlichen Dürrezuständen“ reicht. Eine interaktive Karte des grenzüberschreitenden kollaborativen Datenprojekts „Under the surface“, die auf Daten der EU-Mitgliedsstaaten basiert, verdeutlicht den derzeit quantitativ und qualitativ kritischen Zustand des Grundwassers in Deutschland und Europa.
2. Die „Schwammstadt“ als wassersensitives Modell der Stadtplanung
Ziel der „wassersensitiven Stadt“ oder auch „Schwammstadt“ ist es, den urbanen Raum mit Hilfe individueller naturnaher oder technischer Lösungen im Hinblick auf die Ressource Wasser nachhaltiger zu gestalten und somit resilienter gegen klimatische Veränderungen zu machen. Auswirkungen von Extremwetterereignissen auf den Menschen, die Natur und die Infrastruktur sollen mit speziellen Stadtplanungskonzepten abgemildert werden. Gleichzeitig wird auf diese Weise eine Steigerung der allgemeinen Lebensqualität angestrebt.
Konkret zielt das Schwammstadt-Konzept („Sponge-City“) darauf ab, den natürlichen Wasserkreislauf in den Städten so weit wie möglich wiederherzustellen. Durch temporären Rückhalt oder die Speicherung von lokal anfallendem Niederschlag sollen sich Stadtgebiete quasi wie ein Schwamm „vollsaugen“. Dabei setzen die Planungsmaßnahmen bei einem Grundproblem an: der Flächenversiegelung. In Deutschland liegt die Gesamtversiegelungsrate bei 50 bis 60 %. Ein Großteil des Regenwassers gelangt zudem (ungenutzt) in die Kanalisation, und der natürliche Wasserkreislauf (Versickerung, Verdunstung, Wolkenbildung, Regen), der auch für ein gesundes Mikroklima sorgt, ist gestört. Hinzu kommt, dass Starkregenereignisse immer häufiger die Kanalisation überlasten, was vermehrt zu Überschwemmungen mit Gefahr für Leib und Leben und kostspieligen Folgeschäden führt. Zugleich steht bei längeren Trockenperioden oft nicht genügend Wasser zur Kühlung (Mikroklima) oder zur Bewässerung von Grünflächen zur Verfügung.
3. Lösungsansatz: Implementierung eines „nachhaltigen Wasserkreislaufs“
Maßnahmen zur Entsiegelung und Begrünung
Je nach Standort kommen verschiedene städtebauliche Maßnahmen für eine Wiederannäherung an den natürlichen Wasserkreislauf in Frage. Die Begrünung von Gebäudefassaden sowie die Schaffung von Dachgärten und Retentionsgründächern sorgt nicht nur für natürliche Verdunstung und Kühlung an heißen Tagen, sondern fördert auch die Biodiversität. Durch das Entfernen oder Ersetzen versiegelter luft-/wasserdichter Oberflächen – wie Asphalt, Pflastersteinen etc. – können sowohl die Versickerungsraten und die Grundwasserneubildung erhöht als auch die Kanalisation, besonders bei Starkregen, entlastet werden.