In den erdgasbasierten Direktreduktionsanlagen werden die vorreduzierten Eisenerzpellets in einem MIDREX-Schacht reduziert und dann als heißer DRI in einen Elektrolichtbogenofen geleitet. Im Lichtbogenofen wird das Material geschmolzen und flüssiger Stahl erzeugt. Es bedarf keines Zwischenschritts und, je nach verwendeter MIDREX-Technologie, nur einer geringfügigen Aufkohlung, um den Stickstoffgehalt des Stahls zu reduzieren.
Der Kohlenstoffgehalt von kohlenstoffarmem bis kohlenstofffreiem DRI aus Wasserstoff-Reduktion kann im unteren Konus des Schachtofens, auch Kühlzone genannt, verändert werden. Darüber hinaus kann Schrott in den Elektrolichtbogenofen chargiert werden. Der erforderliche Reinheitsgrad des Schrotts ist dabei lediglich durch die Qualitätsanforderungen nachgeschalteter Verarbeitungsstufen bedingt. Dieser Weg ist besonders interessant für Greenfield-Projekte.
Ein Beispiel für die Anwendung dieses Verfahrens ist das H2-Green-Steel-Projekt im nordschwedischen Boden. Dort entsteht das erste nahezu kohlenstoffneutrale Stahlwerk der Welt. Die Anlage soll ab 2025 grünen Stahl produzieren und die Machbarkeit der Herstellung von hochwertigem DRI unter Verwendung von 100 Prozent Wasserstoff nachweisen.
„tkH2Steel“: Thyssenkrupp setzt Kurs auf Green Steel
Im August dieses Jahres bestätigte Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck die Förderzusage für das Dekarbonisierungsprojekt „tkH2Steel“ in Höhe von rund zwei Milliarden Euro. Das Land Nordrhein-Westfalen beteiligt sich an der Gesamtförderung mit bis zu 700 Millionen Euro. Die Eigeninvestitionen seitens thyssenkrupp liegen bei knapp einer Milliarde Euro. Damit ist der Startschuss für eines der weltweit größten Dekarbonisierungsprojekte gefallen.
Ambitionierter Wasserstoffhochlauf
Der Schlüssel des Transformationsprojektes ist der äußerst ambitionierte Hochlauf des Wasserstoffeinsatzes, mit dem schnell große Mengen CO2 eingespart werden. Es handelt sich um die erste Anlagenkombination dieser Art weltweit. Kern des Konzeptes ist die Integration einer technologisch neuen Anlagenkombination in das größte europäische Hüttenwerk. Die kohlebasierten Hochöfen werden dabei durch eine 100 Prozent wasserstofffähige Direktreduktionsanlage mit zwei Einschmelzern und einer Produktionskapazität von 2,5 Millionen Tonnen direkt reduziertem Eisen pro Jahr ersetzt. Das dort entstehende Eisen wird in nachgeschalteten und speziell entwickelten Einschmelzaggregaten zu Roheisen verflüssigt. Alle nachfolgenden Produktionsschritte können in der bestehenden Anlagenstruktur einschließlich der Stahlwerke erfolgen.
Die Anlage zur Direktreduktion von Eisenerz soll im Jahr 2026 fertig sein, aber zunächst mit Erdgas arbeiten. Es werden jährliche Einsparungen von bis zu 3,5 Millionen Tonnen CO2 erwartet – das sind bereits knapp fünf Prozent der Emissionen des Ruhrgebietes. Ab voraussichtlich 2029 soll Wasserstoff verfügbar sein, sodass die Anlage dann mit rund 143.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr betrieben werden kann – der Strombedarf für die Herstellung dieser Menge entspricht der Erzeugung von etwa 500 Windrädern. Nötige Voraussetzungen, um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, sind daher ein massiver Ausbau von erneuerbaren Energien und der rasche Hochlauf eines funktionierenden Wasserstoff-Marktes.