Interview mit Frank Koch, CEO der Swiss Steel Group
Im Interview mit daily wire & Tube skizziert Frank Koch, CEO der Swiss Steel Group wie er die Vorreiterrolle des Unternehmens als Green Steel-Produzent nachhaltig ausbauen und festigen will.
daily wire & Tube: Die deutsche Stahlindustrie sieht sich in den vergangenen Jahren in wachsendem Maße mit zahlreichen neuen Herausforderungen konfrontiert. Insbesondere das abgelaufene Jahr 2023 war sehr problembeladen. Wie hat sich die Swiss Steel Group durch diese schwierige Zeit navigiert?
Frank Koch: Das Jahr 2023 war zweifellos anspruchsvoll für die gesamte Stahlindustrie. Für uns war es ein besonders schreckliches Jahr. Aber wir richten den Blick jetzt wieder nach vorne und die „wire & Tube“ ist für uns der gegebene Anlass, dies zum Ausdruck zu bringen.
Inwiefern?
Wir zeigen als Aussteller, das, was uns seit jeher auszeichnet und unterstreichen, dass sich die Swiss Steel Group durch ihre Innovationskraft und ihre Fokussierung auf nachhaltige Lösungen behauptet. Wir haben unsere Investitionen in Forschung und Entwicklung nochmals verstärkt, um unsere Prozesse effizienter, ressourcenschonender und umweltfreundlicher zu gestalten. Darüber hinaus haben wir den Dialog und den Schulterschluss mit unseren Kunden noch enger gesucht, um deren Bedürfnisse in diesem herausfordernden Umfeld noch besser zu kennen und zu erfüllen.
Sie erwähnten die Fokussierung auf nachhaltige Lösungen. Die Swiss Steel Group ist bekannt für ihre Vorreiter-Rolle im Bereich Green Steel. Wie genau integrieren Sie nachhaltige Prozesse, Verbesserungen und Praktiken in Ihre Produktion?
Nachhaltigkeit ist ein zentraler Bestandteil unserer Unternehmensstrategie. Als Stahlproduzent der Elektrolichtbogenofen-Route haben wir von Haus aus einen erheblichen technologischen Vorteil. Man kann auch sagen „wir sind Green By Nature“, da wir ausschließlich mit recyceltem Material arbeiten und weder Kohle noch Koks einsetzen. Damit ist unser CO2-Fußabdruck schon grundsätzlich deutlich besser. Haben wir nun zusätzlich auch noch die Möglichkeit Energie aus erneuerbaren Quellen einzusetzen, so können wir bereits heute jeden Tag Green Steel liefern, der einen sehr deutlich reduzierten CO2-Fußabdruck hat.
Wie grün ist der grüne Stahl von Swiss Steel?
Unser Green Steel hat einen bis zu 83 % geringeren CO2-Fußabdruck als der weltweite Durchschnitt der Stahlindustrie, bei unserem Green Steel Premiun-Produkt Green Steel Climate+ sind es sogar bis zu 94%. Darüber hinaus setzen wir verstärkt auf Recycling der nächsten Generation, wie wir es nennen. Hier geht es vor allem darum, den Schrott so zu sortieren, dass anschließend kein Downstream, sondern sogar ein Upstream entsteht. Das verstehen wir unter Circular Economy. Ein wesentlicher Teil dabei ist es, den Zuschlag von etwaigen zusätzlichen Primär-Legierungen weitestgehend zu vermeiden, um sortenrein zu produzieren. Technologisch ist das ein abendfüllendes Thema. Das würde jetzt zu weit führen. Ich kann Ihnen aber versprechen, dass wir hier in den nächsten Jahren eine hohe Innovationsdynamik entfalten werden.
Eine weitere bemerkenswerte Facette Ihrer Strategie ist der Fokus auf Spezialsstähle für den Automotive-, Aerospaceund den Medizinsektor. Wie positioniert sich die Swiss Steel Group in diesen Schlüsselbereichen in den nächsten Jahren?
Diese Märkte stellen hohe Anforderungen an die Qualität und Leistungsfähigkeit der verwendeten Materialien. Die Swiss Steel Group verfügt über langjährige Erfahrung und Expertise in der Entwicklung maßgeschneiderter Lösungen für diese Branchen. Wir arbeiten sehr eng mit unseren Kunden zusammen, um ihre spezifischen Anforderungen zu verstehen und Produkte anzubieten, die ihren Bedürfnissen gerecht werden.
Bedürfnisgerecht heißt hierbei?
Unsere Spezialstähle zeichnen sich durch ihre hohe Festigkeit, Haltbarkeit und Präzision sowie ihre gute Bearbeitbarkeit aus und sind daher die erste Wahl für führende Unternehmen in diesen Sektoren. Die Vielzahl der Produkte, die wir für den Aerospace-Bereich fertigen, stellt dies eindrucksvoll unter Beweis.
Was tun Sie, um dem wachsenden Bedürfnis Ihrer Kunden in puncto Dekarbonisierung nachzukommen? Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um Ihre Ziele in diesem Bereich zu erreichen?
Die Dekarbonisierung der Stahlindustrie ist eine der dringendsten Herausforderungen unserer Zeit und die
Swiss Steel Group ist weiter entschlossen, eine führende Rolle bei diesem Wandel zu spielen. Wir investieren in Forschung und Entwicklung von innovativen Technologien wie der Schrottaufbereitung, der Rückgewinnung von wertvollen Legierungen im Recyclingprozess und der Reduktion des Energieverbrauchs in der Produktion. Darüber hinaus arbeiten wir mit Politik, Industriepartnern und Stakeholdern aus der Wissenschaft zusammen, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln, die eine nachhaltige Zukunft für die Stahlindustrie über alle Bereiche, von Scope 1 bis Scope 3 ermöglichen. Es ist eine komplexe Herausforderung, aber wir sind zuversichtlich, dass wir durch unsere Bemühungen einen bedeutenden Beitrag zur Dekarbonisierung leisten können.