Die EU will die Produktion von grünem Wasserstoff massiv steigern. Doch Experten sehen in der fehlenden Transport-Infrastruktur ein großes Hindernis. Der Beitrag analysiert die Bedeutung von Pipelinenetzen für die Entwicklung des europäischen Wasserstoffmarktes und diskutiert mögliche Lösungsansätze.
Die Europäische Union hat sich ehrgeizige Ziele für grünen Wasserstoff gesetzt: Bis 2030 sollen jährlich 10 Millionen Tonnen produziert und importiert werden. 2022 lag die Produktion von erneuerbarem Wasserstoff in der EU bei 20.000 Tonnen, das sind 0,2 % der bis 2030 angestrebten Menge. Aktuell entsprechen weniger als 1 % der weltweiten Wasserstoffproduktion den höchsten Umweltschutzstandards. Infrastruktur
Ein wesentliches Hindernis für das Marktwachstum ist laut Timm die fehlende Transport-Infrastruktur. Nur 7 % der angekündigten Wasserstoffkapazitäten in der EU haben eine endgültige Investitionsentscheidung erhalten. Denn ohne langfristige Abnahmeverträge haben viele Projektentwickler Schwierigkeiten, die Finanzierungen abzusichern.
Das derzeitige Vertriebsmodell, bei dem der Wasserstoff meist am selben Ort produziert und verbraucht wird, verhindere ebenfalls eine steigende Nachfrage und somit auch mehr Investitionssicherheit, so Timm. Eine Midstream-Infrastruktur spiele eine entscheidende Rolle, um Angebot und Nachfrage sicher und kostengünstig aufeinander abzustimmen.
Vorteile eines europäischen Pipeline-Netzwerks
Pipelinenetze gelten als wirtschaftlichste Option für den Transport von Wasserstoff über große Entfernungen und in großen Mengen. Mit Kosten von 0,11 bis 0,21 €/kg pro 1.000 km übertreffen sie den Transport per Schiff für alle angemessenen Entfernungen innerhalb Europas und in den angrenzenden Regionen.
Ein Pipelinesystem könne den grenzüberschreitenden Handel innerhalb der EU erleichtern und regionale Unterschiede bei Angebot und Nachfrage ausgleichen. Das geplante European Hydrogen Backbone (EHB) soll bis 2030 31.500 Kilometer umfassen. Es könnte die Versorgungskosten um 330 Milliarden Euro gegenüber einem lokalisierten Modell senken. Deutschland und die Niederlande haben mit dem Ausbau ihrer nationalen Pipelinenetze begonnen, einschließlich grenzüberschreitender Verbindungen.
Unternehmen wie Everfuel, HyCC und HH2E richten ihre Strategien an diesem Modell aus und starten groß angelegte Produktionspläne für den Anschluss an Pipelines. Bislang gibt es jedoch noch keine Projekte zur Versorgung grenzüberschreitender Kunden mit grünem Wasserstoff.
Strategien zur Förderung des Infrastrukturausbaus
Timm schlägt Garantien als möglichen Lösungsansatz vor. Regierungen und Übertragungsnetzbetreiber sollen laut ihm die Verfügbarkeit von Pipelines und die Einhaltung von Fristen garantieren. Im Gegenzug würden sich seiner Meinung nach Produzenten verpflichten, bestimmte Mengen und Auslastungsgrade zu liefern.
Der Markt für erneuerbaren Wasserstoff würde von einer klaren Umsetzung der Verpflichtungen auf der Nachfrageseite profitieren. Dies würde gleiche Wettbewerbsbedingungen für EU-Produktion und Importe schaffen und zur Einführung eines EU-weiten Systems handelbarer Zertifikate beitragen.
Ohne die notwendige Aufmerksamkeit der politischen Entscheidungsträger werde sich der Start der Wasserstoffwirtschaft massiv verzögern, meint Timm. Die Midstream-Infrastruktur sei unerlässlich, um kosteneffiziente Lösungen zu realisieren und die mit Investitionen verbundenen Risiken zu verringern.