Am 23. Oktober fiel der Startschuss für das EU-finanzierte MOWSES-Projekt (Multi-faceted Assessment and Optimization of Welded Structural Green Steel Plates for Use in European Sustainable Infrastructure), das die sichere Anwendung von grünem Stahl in kritischer europäischer Infrastruktur revolutionieren will. Der Fokus liegt dabei auf geschweißten Verbindungen bei mittel- bis ultrahochfesten Stählen. Koordiniert wird das Projekt von OCAS NV, einem Joint Venture zwischen ArcelorMittal und der flämischen Region, das ein ausgewogenes Konsortium aus vier Industriepartnern und vier Universitäten aus vier EU-Ländern vereint. Jeder Partner bringt seine spezifische Expertise in Stahlproduktion und -forschung ein. MOWSES wird über das EU-Programm zur Doppelstrategie für grüne und digitale Transformation 2024 mit mehr als 4,5 Millionen Euro gefördert und läuft über vier Jahre.
Traditionelle Stahlherstellungsverfahren, die auf Hochofen und Sauerstoffaufblasverfahren setzen, sind deutlich energieintensiver als die Herstellung von recyceltem Stahl durch den Lichtbogenofen. Zukünftige saubere Stähle sollen verstärkt Schrott einsetzen, um die CO₂-Emissionen um bis zu 50 % zu reduzieren, wie es die Clean Steel Partnership vorsieht. Allerdings bringt der vermehrte Einsatz von Schrott auch Herausforderungen mit sich: Rückstände wie Kupfer, Nickel und Molybdän können sich im recycelten Stahl anreichern und dessen Zähigkeit, vor allem in den wärmebeeinflussten Zonen (HAZ) von Schweißnähten, beeinträchtigen, was die Integrität solcher Bauteile für den Einsatz in der Infrastruktur gefährden könnte.
Das MOWSES-Projekt reagiert auf diese Herausforderungen, indem es sich auf neue Legierungskonzepte konzentriert, die den sicheren Einsatz von grünem Stahl selbst bei erhöhten Restelementen aus recyceltem Schrott ermöglichen sollen. Ziel ist es, zulässige Grenzwerte für Restelemente in geschweißten Verbindungen und insbesondere deren wärmebeeinflusste Zonen festzulegen, um die mechanischen Eigenschaften und die Beständigkeit dieser kritischen Komponenten zu gewährleisten. Der Fokus liegt dabei auf den Anforderungen der Infrastruktur, insbesondere im Energiesektor, wo geschweißte Stahlplatten in Bauwerken wie Windkraftanlagen von großer Bedeutung sind.
Die Bedeutung des Projekts für Green Steel
Dr. Philippe Thibaux, Projektkoordinator, unterstreicht die Bedeutung des Projekts: „MOWSES ist ein entscheidender Schritt, um den Einsatz von grünem Stahl voranzutreiben. Es ermöglicht eine deutliche Reduktion der Kohlenstoffemissionen, ohne Kompromisse bei den notwendigen Eigenschaften und der Verlässlichkeit geschweißter Stahlstrukturen einzugehen.“
Um das Projektziel zu erreichen, werden fortschrittliche Analysemethoden wie maschinelles Lernen, thermodynamische Simulationen und die Finite-Elemente-Modellierung (FEM) des Mikrostrukturverhaltens genutzt. Diese Methoden sollen Vorhersagen ermöglichen, wie Restelemente die Leistung des Stahls nach dem Schweißen beeinflussen. Das Ziel ist die Entwicklung von Stahlqualitäten mit verbesserter Schweißbarkeit, Zähigkeit und Festigkeit, selbst wenn sie aus qualitativ minderwertigerem Schrott stammen. Darüber hinaus sind umfassende Mikrostruktur- und mechanische Charakterisierungen unerlässlich, um sicherzustellen, dass der Stahl die strengen Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllt.
MOWSES unterstützt nicht nur das Ziel der EU, bis 2050 klimaneutral zu werden, sondern stärkt auch Europas Position in der globalen grünen Stahlindustrie. Es fördert Innovation und Nachhaltigkeit in wichtigen Infrastrukturprojekten.
Projektübersicht
- Titel: MOWSES: Multi-Faceted Assessment and Optimization of Welded Structural Green Steel Plates for Use in European Sustainable Infrastructure
- Startdatum: 01.10.2024
- Laufzeit: 48 Monate
- Budget: 4,5 Millionen Euro
- Koordinator: OnderzoeksCentrum voor de Aanwending van Staal (OCAS) NV
Projektpartner
- Belgien
- OCAS/ArcelorMittal Global R&D Gent
- Universität Gent
- Deutschland
- Aktien-Gesellschaft der Dillinger Hüttenwerke
- RWTH Aachen University
- Universität des Saarlandes
- Eurice - European Research and Project Office GmbH
- Niederlande
- Technische Universiteit Delft
- Tschechien