Der Stuttgarter Wasserstoff-Flugzeugbauer H2Fly meldet den erfolgreichen Flug eines mit flüssigem Wasserstoff betriebenen Elektroflugzeugs. Nach eigenen Angaben war es der erste weltweit. Dr. Syed Asif Ansar vom DLR bezeichnete den dreistündigen Testflug als „bedeutende Errungenschaft der Luftfahrtgeschichte”. Nun soll die Technologie für den regionalen Flugverkehr weiterentwickelt werden.
Insgesamt vier mit Flüssigwasserstoff betriebene Flüge absolvierte H2Fly im Zuge einer Testflugkampagne – darunter einen, der über drei Stunden andauerte. Die Flüge starteten im slowenischen Maribor und wurden mit dem selbst entwickelten Demonstrationsflugzeug HY4 durchgeführt. Es ist mit einem Antriebssystem aus Brennstoffzellen sowie Tanks zur Speicherung von kryogenem Flüssigwasserstoff ausgestattet.
Laut H2Fly zeigen die Testflüge, dass mit flüssigem statt gasförmigem Wasserstoff die maximale Reichweite des Demonstrationsflugzeugs von 750 km auf 1.500 km verdoppelt werden kann. Das Unternehmen wertet die Erkenntnisse als „entscheidenden” Schritt auf dem Weg zu klimafreundlichen, kommerziellen Mittel- und Langstreckenflügen.
Die Testflugkampagne war der Abschluss des Projekts HEAVEN. Dabei handelt es sich um ein von der EU unterstütztes Konsortium, das die Verwendung von flüssigem Wasserstoff in Flugzeugen demonstrieren soll. Das Konsortium wird seit Ende 2022 von H2Fly geleitet und umfasst u.a. Air Liquide, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Zu den Förderern der jüngsten Testflüge gehören zudem das BMWK, das BMDV und die Unversität Ulm.
„Bedeutende Errungenschaft der Luftfahrtgeschichte”
Dr. Syed Asif Ansar, Leiter der Abteilung Energiesystemintegration beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), hebt die Bedeutung der heutigen Testflüge für die Luftfahrt hervor:
„Seit dem Erstflug der Antares DLR-H2 im Jahr 2009 wurden die Brennstoffzellen und ihre Hilfssysteme kontinuierlich weiterentwickelt. Diese schrittweise Entwicklung gipfelt nun in einer bedeutenden Errungenschaft der Luftfahrtgeschichte: der Nutzung von kryogenem Flüssigwasserstoff als Treibstoffspeicher für ein viersitziges, brennstoffzellenbetriebenes Flugzeug.”
Prof. Dr.-Ing. Josef Kallo, Mitbegründer von H2Fly, ergänzt: „Gemeinsam mit unseren Partnern haben wir den Nachweis erbracht, dass flüssiger Wasserstoff für den emissionsfreien Mittel- und Langstreckenflug geeignet ist.”
Vorzüge von Flüssigwasserstoff in der Luftfahrt
Im Vergleich zur Speicherung von gasförmigem Wasserstoff unter Hochdruck (GH2) ermöglicht die Verwendung von flüssigem, kryogenem Wasserstoff (LH2) laut H2Fly deutlich geringere Tankgewichte und -volumina. Dies führe zu einerer gesteigerten Reichweite und Nutzlast. Die ersten Flüssigwasserstofftanks hatte man im November 2022 in das Modell HY4 integriert.
Pierre Crespi, Innovation Director von Konsortialpartner Air Liquide Advanced Technologies, erklärt:
„Der heutige Erfolg demonstriert das volle Potenzial von Flüssigwasserstoff für die Luftfahrt. Flüssiger Wasserstoff kann an Bord gelagert und transportiert werden. Wasserstoff ist der Schlüssel zur Energiewende und dieser neue Schritt beweist, dass sie heute schon zur Realität wird.”
Wasserstoff in kommerzielle Luftfahrt integrieren
Mit dem Abschluss der Testfugkampagne im Projekt HEAVEN will sich H2Fly nun auf die Kommerzialisierung fokussieren. Im Juni hatte das Unternehmen die Entwicklung seiner neuen H2F-175-Brennstoffzellensysteme angekündigt. Sie sollen in Flughöhen von bis zu 27.000 Fuß einsetzbar sein.
Darüber hinaus plant H2Fly, 2024 ein „Exzellenzzentrum für Wasserstoff in der Luftfahrt” zu eröffnen. Das vom Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg mitfinanzierte Zentrum soll am Flughafen Stuttgart entstehen und die Integration von Wasserstoff in die kommerzielle Luftfahrt fördern.
(Quelle: H2Fly/2023)