Eine neue Studie der Fachkommission „HySteel” des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbands (DWV) zeigt den Effekt des Wasserstoffhochlaufs auf den Arbeitsmarkt in der Stahlindustrie. Das Ergebnis: Grüner Stahl kann profitabel sein, wenn die gesamte Wertschöpfungskette – inklusive Roheisenproduktion – in Deutschland bleibe. Wenn diese „vollständige Transformation” nicht gelinge, drohe der Verlust zehntausender Arbeitsplätze.
Gegenstand der Studie sind die Beschäftigten der Primärstahlindustrie sowie deren Struktur und regionale Verteilung. Zudem schätzt die HySteel-Kommission die indirekte Beschäftigungszahl über Vorleister und Einkommenseffekte ein.
Die Ergebnisse fasst Projektleiter Clemens Orlishausen vom DWV so zusammen:
„Die Studienergebnisse machen deutlich, dass grüner Stahl aus betriebswirtschaftlicher Sicht zukünftig wettbewerbsfähig und profitabel in Deutschland produziert werden kann. Dafür müssen die Rahmenbedingungen entsprechend gestaltet werden, sodass uns eine vollständige Transformation inklusive Roheisenstufe gelingt.
Wird dagegen ein Teil der Wertschöpfungskette – die Roheisenstufe – nur partiell transformiert, drohen beträchtliche negative Auswirkungen auf Beschäftigung und Wertschöpfung in Deutschland. Die Fachkommission HySteel wird dazu in den Dialog mit den politischen Entscheidungsträger:innen treten und sich weiterhin für den Erhalt der heimischen Stahlindustrie und gut bezahlter Industriearbeitsplätze in Deutschland einsetzen.”
Verfasserin der der Studie ist die Q&A Unternehmensberatungs GmbH in Zusammenarbeit mit der wmp consult – Wilke Maack GmbH und der HSBA Hamburg School of Business Administration.
Die Studie beleuchtet die mögliche Transformation der Stahlindustire anhand von drei Szenarien. Für jedes geht sie näher auf die jeweiligen Effekte auf Beschäftigung und Wertschöpfung ein.
Im Basisszenario geht die Kommission von einer beschäftigungsneutralen Transformation durch Errichtung von Direktreduktionsanlagen im Umfang der gesamten Produktionskapazität aus. Die Szenarien 2 & 3 modellieren dagegen eine partielle Transformation von 66 % bzw. 50 % der Hochofenkapazität. Dies führe zu Beschäftigungsverlusten von 57.000 bzw. 97.000 Arbeitsplätzen. Grund seien der anteilige Entfall der Roheisenproduktion sowie die partielle Kompensation durch HBI-Importe. Dadurch würden sich Up- und Downstream-Aktivitäten reduzieren, was einen maßgeblichen Einfluss auf die Beschäftigung habe.
Heute sind laut Studie über 64.000 Menschen direkt in der Primärstahlindustrie beschäftigt. Hinzu kommen mehr als 230.000 Beschäftigte bei Zulieferern und Dienstleistern sowie knapp 84.000 Beschäftigte über induzierte Effekte. Insgesamt seien so rund 378.000 Beschäftigte von der Stahlindustrie abhängig.
Transformation der Stahlindustrie bleibt Herausforderung
Indes berge eine gelungene Transformation dem DWV zufolge massive Arbeitsplatz- und Wertschöpfungspotenziale. Ein flächendeckender Einsatz von Wasserstoff im deutschen Energiesystem biete Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekte, da der Neubau entsprechender Anlagen die Nachfrage nach (grünem) Stahl erhöhe. Die Stahlindustrie könnte so insgesamt zu einem “Katalysator für den Aufbau eines Wasserstoffclusters in Deutschland” werden.
Insgesamt ist die Transformation der Stahlindustrie eine ökologische und technische sowie eine volkswirtschaftliche, strukturpolitische und soziale Herausforderung. Die Studie versteht der DWV als Grundlage für die anstehenden politischen Entscheidungen für die Energiewende, den Wasserstoffhochlauf und den Erhalt gut bezahlter Industriearbeitsplätze in Deutschland.