Eine neue Studie des Fraunhofer ISI untersucht die preiselastische Wasserstoffnachfrage in Sektoren wie Industrie, Verkehr und Energieumwandlung. Ein Ergebnis: bestimmte Industrieanwendungen könnten die Nachfrage dominieren.
Noch ist unklar, wie umfangreich Wasserstoff bei welchen Anwendungen eingesetzt werden soll. Ein zentrales Kriterium ist hier der Wasserstoffpreis und die Konkurrenzfähigkeit von Wasserstoff im Vergleich zu anderen Optionen wie beispielsweise der direkten Elektrifizierung.
Doch wie wird sich die Wasserstoffnachfrage in bestimmten Sektoren unter Zielsetzung der Treibhausgasneutralität in 2045 entwickeln? Mit dieser Frage befasst sich die neue Studie »Preiselastische Wasserstoffnachfrage in Deutschland – Methodik und Ergebnisse« des Fraunhofer ISI und Energy Systems Analysis Associates – ESA² GmbH. Die Studie wurde im Rahmen des vom BMBF geförderten Projekts »HyPat – Globaler H2-Potenzialatlas« realisiert.
Simulationsmodelle zur Wasserstoffnachfrage
Untersucht werden die Anwendungsbereiche Industrie, Verkehr und Energieumwandlung mit techno-ökonomischen, agenten-basierten Simulationsmodellen, was Aussagen zu Preiselastizitäten der Wasserstoffnachfrage ermöglicht. Die Bereiche Gebäudewärme und der internationale Flug- und Schiffsverkehr werden ebenfalls betrachtet, aber auf eine eigene Modellierung verzichtet und auf Erkenntnisse anderer Studien zurückgegriffen.
Die Simulationsmodelle bilden die alternativen Möglichkeiten zur Erreichung der Klimaziele ab und bewerten die Optionen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten – also zum Beispiel, ob Elektrofahrzeuge oder Brennstoffzellen-Pkw wirtschaftlich sinnvoller sind, abhängig von den zugrundeliegenden Preisen.
No-Regret-Anwendungen für Wasserstoff
Eines der Kernergebnisse der Studie ist für Prof. Dr. Martin Wietschel, der das Projekt am Fraunhofer ISI geleitet hat,
„dass sogenannte „No-Regret-Anwendungen” ein sehr wichtiger Treiber für die Wasserstoffnachfrage sind – Anwendungen also, bei denen kaum ökonomisch attraktive alternative Technologieoptionen zur Erreichung der ambitionierten deutschen Treibhausgasminderungsziele zur Verfügung stehen.”
Dieser Mangel an Optionen bedinge eine weitgehende Preisunelastizität und die Preise dürften sich in Zukunft auf einem relativ hohen Niveau bewegen.
Wietschel weiter: „Dies gilt insbesondere für die stoffliche und energetische Nutzung in bestimmten Industrieanwendungen wie dem Stahl- oder dem Grundstoffchemiesektor. Die Berechnungen in der Studie zeigen, dass die Nachfrage hier in 2045 ca. 250 TWh beträgt, was in etwa 10 Prozent des heutigen Endenergiebedarfes Deutschlands entspricht.”
Dafür müssten allerdings allein in Deutschland enorme Elektrolyse-Kapazitäten aufgebaut werden – rund 20 GW, also in etwa das Vierzigfache der aktuell global installierten Elektrolyseleistung –, was nicht nur zeit- und kapitalintensiv ist, sondern auch ein hohes Ausbautempo erfordert.