Was können produzierende Unternehmen tun, um ihren Ausstoß an Treibhausgasen zu reduzieren? Im Auftrag der Unternehmensberatung Ingenics AG haben Forschende am Fraunhofer IPA die Studie „Emissionsintensität von Produktions- und Fabrikstrukturen – Der Weg zu Zero Emission“ durchgeführt. In dieser wird aufgezeigt, welche Maßnahmen in der Branche schon eingesetzt werden und wo noch Handlungsbedarf besteht.
Am guten Willen fehlt es nicht
„Viele Unternehmen sind auf dem Weg zu Zero Emission und haben sich ambitionierte Ziele gesetzt. Woran es allerdings oft hapert, sind Strategien, Ressourcen und Know-how“, berichtet Steffen Kiemel.
Derzeit trägt die Industrie 24 % zur globalen Treibhausgas-Emission bei. Um das im Pariser Abkommen 2015 definierte Klimaziel – eine Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C, besser 1,5 °C, im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter – zu erreichen, muss auch das verarbeitende Gewerbe in den nächsten Jahren massiv Emissionen reduzieren. Im Idealfall auf null: Zero Emission.
„Für die Unternehmen ist dies eine enorme Herausforderung, aber auch eine Chance, Ressourcen einzusparen, ihre Resilienz zu steigern und Marktchancen zu verbessern“, betont Prof. Alexander Sauer, Leiter des Fraunhofer IPA in Stuttgart. „Die Krisen, die wir gerade erleben und die daraus resultierende unsichere Versorgungslage macht ökologisch nachhaltiges Wirtschaften neben der gesellschafts- und umweltpolitischen Notwendigkeit zunehmend zum Wettbewerbsfaktor.“
Die Studie liefert genaue Fakten. 186 Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz – unter ihnen Automobilbauer und -zulieferer, Hersteller von Elektrotechnik, Elektronik und Konsumgütern, Maschinen und Anlagenbauer – wurden befragt zu ihren Klimazielen, zu ihrer Motivation und den Herausforderungen bei der Umsetzung. Mit einigen ausgewählten Unternehmern führten die Forschenden vom Fraunhofer IPA vertiefende Expertengespräche, in deren Zentrum erfolgreiche Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen standen.
Prof. Oliver Herkommer, Managing Partner der Ingenics AG, ergänzt: „Aus der Erfahrung in unseren Kundenprojekten können wir sagen, dass Maßnahmen in Richtung Nachhaltigkeit immer langfristig wirken. Für den unternehmerischen Erfolg benötigt das verarbeitende Gewerbe Instrumente zur Einordnung der eigenen Bemühungen und Ziele. Außerdem müssen Unternehmen in die Lage versetzt werden, geeignete und wirkungsvolle Maßnahmen zur Emissionsreduktion zu identifizieren und in machbare Teilschritte herunterzubrechen.“
Teil 1: Der Status quo
Der erste Teil der Studie zeigt auf, inwieweit Unternehmen die Emission von Treibhausgasen erfassen, bewerten und reduzieren. Die großen Unternehmen – insbesondere die Automobil- und Luftfahrtbranche sowie der Maschinen- und Anlagenbau – sehen sich hier als Vorreiter. Kleinen und mittleren Unternehmen fehlt der Studie zufolge oft noch eine zielgerichtete Strategie. Potenziale zur Emissionseinsparung sind den meisten befragten Unternehmen zwar bekannt, bei der Identifikation weiterer Maßnahmen und bei der Umsetzung wünschen sich jedoch 62 % externe Unterstützung.
„Wir wissen jetzt, dass die große Mehrzahl der befragten Unternehmen, etwa 80 %, bereits Klimaziele festgelegt hat. Drei Viertel davon haben auch schon eine Klimastrategie etabliert. Dies ist ein wichtiger Meilenstein zur Erreichung eigener Klimaziele“, unterstreicht Kiemel.
Teil 2: Was nutzt es? Was kostet es?
Motivation und Herausforderungen beim Erreichen der Klimaziele behandelt der zweite Teil der Studie: Als Motiv für eine Verringerung der Emissionen wird an erster Stelle eine Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit genannt. An zweiter Stelle steht die Unabhängigkeit von Energiepreis-Steigerungen. Eine Herausforderung sehen viele der Befragten in den hohen Investitionen und dem Mangel an technologischen Lösungen.
Teil 3: Wie es weiter geht
Doch welche Maßnahmen sind überhaupt sinnvoll? Der dritte Teil der Studie geht dieser Frage auf den Grund. Durch Literaturrecherche und Expertengespräche konnte das Team am Fraunhofer IPA Maßnahmencluster zur Emissionsverringerung für fünf verschiedene Handlungsfelder identifizieren.
Diese wurden in der empirischen Untersuchung auch hinsichtlich ihrer Umsetzungshäufigkeit abgefragt: Im Handlungsfeld Energie steht an erster Stelle die effiziente Gebäudetechnik, gefolgt von der Eigenerzeugung regenerativer Energien. Im Handlungsfeld Unternehmensstrategie hat es sich bewährt, klare Verantwortlichkeiten im Unternehmen zu benennen und eine Klimastrategie auf strategischer Ebene zu verankern. Im Handlungsfeld Materialeinsatz in Produktion und Produkt steht ein wirkungsvolles Qualitätsmanagement ganz oben auf der Liste. Das Bereitstellen einer Ladeinfrastruktur und die Optimierung der Logistikplanung sind bewährte Maßnahmen, mit denen sich die Emission im Handlungsfeld Mobilität reduzieren lässt. Und im Handlungsfeld Fabrikstruktur lassen sich mit Lean Production die Emissionen senken – diese Methode hilft, sparsam und effizient mit Ressourcen umzugehen und so Verschwendung zu vermeiden.
Die in der Studie vorgestellten Maßnahmen werden am Ende nach ihrem ökologischen Nutzen, ihrer Übertragbarkeit auf andere Unternehmen und ihrem Umsetzungsaufwand bewertet. Best-Practice-Beispiele zeigen, mit welchen konkreten Maßnahmen ausgewählte Unternehmen in den fünf Handlungsfeldern ihre Emissionsintensität deutlich verringern konnten.
„Unser Ziel war es, einen Überblick zu schaffen«, resümiert Kiemel. »Mit Hilfe der Studie können Unternehmen jetzt ihre Bemühungen, die Emissionen zu reduzieren, branchenspezifisch mit anderen vergleichen, sie können eigene Defizite aufspüren, voneinander lernen und sich an Best-Practice-Beispielen orientieren.“
Die vollständige Studie „Emissionsintensität von Produktions- und Fabrikstrukturen. Der Weg zu Zero Emission“ können Sie hier kostenlos herunterladen.