Michael Kretschmer, Ministerpräsidenten Sachsen und Giuseppe Pasini, der Präsident der italienischen Feralpi-Gruppe sowie rund 100 geladenen Gästen waren bei der Inbetriebnahme der ersten Phase der Schrottaufbereitung von FERALPI STAHL zugegen. Die Schrottaufbereitung stellt einen wesentlichen Bestandteil dar, um aus Schrott effizient Bewehrungsstahlprodukte für die Baubranche erzeugen zu können. In dieser wird der Schrott zerkleinert, gereinigt und stückiger aufbereitet, um diesen Rohstoff im Elektrolichtbogenofen noch effizienter zu Stahl schmelzen zu können. Auch werden bei diesem Prozess andere Materialien recycelt. Für verbesserten Lärm- und Emissionsschutz für die Anwohner sorgt eine Einhausung der Anlage.
Investition von mehr als 220 Millionen Euro
Phase eins der Schrottaufbereitung am Standort Riesa haben bisher knapp 20 Millionen Euro und zwei Jahre Zeit in Anspruch genommen. Auf dem Weg zum grünen Stahl ist das ein wichtiger Baustein, da durch eine effektive Aufarbeitung und Säuberung des Rohstoffs Schrott auch der Prozess der Stahlerzeugung optimiert wird. Ressourcenschonung, Materialeffizienz, Energieeffizienz und Verminderung von Abfallprodukten sind die entscheidenden Faktoren. Das Projekt ist mit der Einweihung am 15. September aber längst nicht beendet, sondern stellt eine wichtige Voraussetzung und Stellschraube auf dem Weg zum grünen Stahl dar. Ehrgeiziges Ziel nach Abschluss von Phase zwei und drei ist ein vollständig automatisierter Prozess zur Beschickung des Elektrolichtbogenofens am Riesaer Standort der Feralpi-Gruppe.
„Wir stehen als Gesellschaft vor einer Zeitenwende. Wenn wir es nicht schaffen, unsere CO₂-Emissionen weiter zu reduzieren, werden wir den Klimawandel weder aufhalten noch verlangsamen können. Aufgrund des hohen Anteils der Stahlindustrie an den Gesamtemissionen ist die Transformation unserer Industrie ein enormer Hebel. Dieser Verantwortung sind wir uns bewusst und investieren daher an unserem Standort in Riesa in den kommenden Jahren mehr als 220 Millionen Euro. Das sind die umfangreichsten Baumaßnahmen seit der Errichtung des heutigen Stahlwerks im Jahr 1992. Ein großer Teil davon fließt direkt oder indirekt in Maßnahmen zur Dekarbonisierung, etwa in die Errichtung eines neuen emissionsfreien Walzwerks, das 2024 fertiggestellt werden soll.“, erklärt Giuseppe Pasini, Präsident der Feralpi-Gruppe.
Wünsche an die Politik
Aktuell verursacht die Stahlindustrie 30 Prozent aller CO₂-Emissionen im Industriesektor in Deutschland. Um die Reduktionsziele zu erreichen, muss die Branche bis zum Jahr 2030 26 Millionen Tonnen CO₂ einsparen. FERALPI STAHL in Riesa ist ein Stahlwerk der Sekundärroute – der Stahl wird in einem Kreislauf zu nahezu 100 Prozent aus Schrott hergestellt. Im Elektrolichtbogenofen wird dieser wertvolle Rohstoff eingeschmolzen. Im Vergleich zur Primärroute mit Hochöfen liegt der CO₂-Ausstoß der Sekundärroute mit rund 500 Kilogramm pro produzierter Tonne Stahl bei nur rund einem Viertel. Damit ist die Elektrostahlerzeugung bereits sehr viel emissionsärmer – dennoch sind die weitere Dekarbonisierung und die Transformation hin zur vollständig grünen Stahlerzeugung zentrale Themen für die gesamte Feralpi-Gruppe. Doch das Unternehmen kann die Herkulesaufgabe Dekarbonisierung nicht allein stemmen. Der Stahlproduzent sieht auch die Politik in der Pflicht.
„Aktuell fließen die Förderungen auf Bundes- und Länderebene fast ausschließlich in Stahlwerke der Primärroute, während die Elektrostahlwerke nahezu leer ausgehen. Um grünen Stahl zu erzeugen, kommt es zudem nicht nur auf das Wiederverwenden bestehender Ressourcen im Rahmen einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft – wie bei unserer Schrottaufbereitung – an. Wir benötigen grundlastfähigen grünen Storm und einen Anschluss an grünen Wasserstoff, um unseren Erdgasverbrauch weiterhin nachhaltig zu senken. Es liegt noch ein ganzes Stück des Weges vor uns, aber unsere Zukunft sehen wir weiterhin in Deutschland – hier in Riesa.“, so Uwe Reinecke, Direktor von FERALPI STAHL am Standort Riesa.
„Deutschland und Europa brauchen eine starke und wettbewerbsfähige Stahlindustrie. Dafür tritt Sachsen als Mitglied der Allianz der Stahlländer ein. FERALPI STAHL setzt seit Jahren erfolgreich auf eine umweltschonende Stahlproduktion und ist Vorreiter für den Einsatz von grünem Wasserstoff. Die Inbetriebnahme der Schrottaufbereitung ist eine weitere wichtige Zukunftsinvestition in den Standort Riesa und ein hervorragendes Beispiel für eine effiziente Kreislaufwirtschaft mit weniger CO2-Emissionen. Innovationen und ökologische Transformation sind die Grundlagen für eine erfolgreiche Zukunft der Stahlindustrie. Auf diesem Weg brauchen energieintensive Unternehmen wie FERALPI STAHL technologieoffene Unterstützung und verlässliche Rahmenbedingungen, insbesondere wettbewerbsfähige Energiepreise.“, betont Ministerpräsident Michael Kretschmer.