20.08.2010
Selbst konstruiert und gebaut wurde das neue Elektromobil von 14 Studierenden der Bachelorstudiengänge Maschinenbau und Mechatronik sowie des internationalen Masterstudiengangs Mechatronic and Micromechatronic Systems der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft. Der technische Clou des Elektrofahrzeugs: Es bezieht seine Energie nicht aus mitgeführten Batterien oder Akkus, sondern aus elektrischen Leiterbahnen, die im Boden verlegt sind.
An der Fahrzeugunterseite befinden sich entsprechende Abnehmer, die nach dem Prinzip der elektrischen Induktion die Energie aus diesen Leiterbahnen beziehen und an den elektrischen Nabenmotor des E-Mobils weiterleiten. „Das Prinzip ist eigentlich nicht ganz neu“, so Prof. Jürgen Walter aus der Fakultät für Maschinenbau und Mechatronik der Hochschule Karlsruhe und Leiter des Projekts, „in Industrieunternehmen konnten beispielsweise schon Flurförderfahrzeuge auf diese Art betrieben werden. Bisher waren diese jedoch außerordentlich schwer und aufgrund der Sicherheitsanforderungen langsam. Die Studierenden möchten nun über ihre Projektarbeit zeigen, dass durch modernste Materialien und der Optimierung der eingesetzten Technik sich solche Elektro-Fahrzeuge schnell und energieeffizient bewegen können.“ Die Studierenden möchten damit nachweisen, dass sich das Prinzip der drahtlosen Energieübertragung auch sehr gut zum individuellen Transport von Personen im Nahverkehr eignet.
Dazu wurden von ihnen die Einzelkomponenten des Fahrzeugs wie Lenkung, Bremsen und Fahrgestell aus Hightech-Materialen konstruiert. Auch bei der Außenhaut des Fahrzeugs spielten Gewicht und Aerodynamik eine große Rolle, die daher aus Carbon (Kohlefasern) gefertigt wurde. Vor dem eigentlichen Bau wurden alle einzelnen Bauteile und schließlich das gesamte Fahrzeug in einem virtuellen Windkanal am Computer weiter optimiert. Eine studentische Arbeitsgruppe befasste sich mit dem Streckenaufbau, für den die Materialien großzügigerweise vom Unternehmen SEW Bruchsal gestellt wurden. Zwei weitere Teams widmeten sich der Energieaufnahme des Fahrzeugs bzw. der Sicherheit des Gesamtsystems.
Das Gesamtfahrzeug wiegt nun 60 kg und Prof. Walter ist sich sicher, dass durch weitere Optimierungsprozesse dieses Gewicht auf 40 kg reduziert werden kann. „Bei anderen Fahrzeugtypen haben Sie eine Gewichtsrelation zwischen Fahrer und Fahrzeug von 1:10/1:15. Wir streben mit der Weiterentwicklung des E-Quickie eine Relation von 1:2 an.“ Seine Feuertaufe hat das neue E-Mobil zwischenzeitlich bestanden: Am 19. und am 20. Mai d. J. hatten die Studierenden mit ihm an der Karlsruher E-Meile teilgenommen und 40 Runden auf der 222 Meter langen Leiterbahn gedreht.
„Dabei ging es uns nicht nur darum zu zeigen“, so Prof. Walter, „wie schnell man sich mit dem E-Quickie bewegen kann, sondern vor allem wie energieeffizient. Wir sind also mit halbvollen Batterien an den Start gegangen und mit vollen angekommen.“ Wozu eigentlich Batterien bei diesem System der Energieübertragung? Für den eigentlichen Antrieb benötigt das Fahrzeug keine Batterien. Sobald jedoch die elektrischen Leitungsbahnen verlassen werden, ist auch die Energieversorgung zum Motor unterbrochen. „Hier springen dann kleinere Akkumulatoren an Bord des E-Quickie als Energiepuffer ein“, so Prof. Jürgen Walter, „wenn es beispielsweise in die Garage gefahren wird.“
Das neue E-Mobil verfügt heute schon über eine ausgezeichnete Ökobilanz: Der Nabenmotor hat nur eine Leistungsaufnahme von 2 KW und trotzdem erreicht das Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 50 km/h. Die eingesetzten Akkumulatoren dienen nur als Puffer, sind also wesentlich kleiner dimensioniert als bei Elektromobilen, die ihre Energie ausschließlich von diesen beziehen. Aber auch hier sieht Prof. Jürgen Walter noch weitere Entwicklungsmöglichkeiten für das E-Quickie. „Wir planen mit unserem Industriepartner SEW auf dem Hochschulcampus eine Teststrecke einzurichten, um die Alltagstauglichkeit des Systems zu untersuchen, aber auch um das Fahrzeug in Sachen Energiebedarf und Gewicht weiter zu optimieren.“ Sollte es sich dabei bewähren, sind für den Wissenschaftler weitere Strecken denkbar, beispielsweise von der Hochschule zum Schloss oder vom Stadtzentrum zum Forschungszentrum Karlsruhe (Campus KIT-Nord).
Aber auch an weitere Anwendungsgebiete wird schon gedacht. So könnte die drahtlose Energieübertragung auch dazu eingesetzt werden, um Mobiltelefone ohne Ladekabel aufzuladen oder den Transport von Gütern unterirdisch zu organisieren.
Quelle: Hochschule Karlsruhe - Technik und Wirtschaft