29/10/2012
Das neue Produkt Deatherm E 641 GL vereint die positiven Merkmale der Nanotechnologie mit den bewährten und wohlbekannten Eigenschaften hochtemperaturbeständiger Drahtlacke. Wie intensive Belastungstests erwiesen haben, verbessert diese Innovation signifikant die Beständigkeit dieses Drahtlacks gegenüber Teilentladungen und Überspannungen.
Die Anwendung der Nanotechnologie in der Elektroisolationsindustrie eröffnet äußerst attraktive Wege, die Eigenschaften herkömmlicher Isolierlacke weiter auszubauen und zu verbessern. In den vergangenen zehn Jahren hat ELANTAS Electrical Insulation mögliche Anwendungsformen der Nanotechnologie im Bereich der Drahtlacke intensiv untersucht. Hinsichtlich der verschiedenen Möglichkeiten, Nanotechnologie mit der Fertigungstechnik von Drahtlacken zu verbinden, hat ELANTAS entschieden, nur solche nanomodifizierten Produkte zu entwickeln, die mit den bestehenden Lackiermaschinen verarbeitet werden können, so dass die Kunden keine Investitionen in Lackiermaschinen tätigen müssen.
Deatherm E 641 GL ist ein nanomodifizierter Drahtlack auf Polyesterimide (PEI)-Basis. Das von ELANTAS entwickelte Produkt ist ein schönes Beispiel für die erfolgreiche Anwendung der innovativsten Technologie des 21. Jahrhunderts auf dem Gebiet der Elektroisolierstoffe.
Dank seiner spezifischen Eigenschaften zeichnet sich dieser neuartige nanomodifizierte Lack durch außerordentliche Ergebnisse bei Hochspannungsanwendungen aus sowie durch hervorragende elektrische, thermische und mechanische Eigenschaften.
Untersuchungen zur elektrischen Lebensdauer bei Mittelspannungsbelastungen (3-5 kV) ergaben eine exzellente Beständigkeit im Vergleich zu herkömmlichen Polyesterimiden. Beschleunigte Alterungstests unter hochfrequenter Wechselspannung zeigten eine deutlich höhere Beständigkeit hinsichtlich Teilentladungen (TE) sowie Überspannungen im Vergleich zu herkömmlichen Lackdrähten. Aufgrund der für Deatherm E 641 GL typischen, verbesserten Wärmebeständigkeit können thermische Schädigungen durch Überhitzung aufgrund hochfrequenter Impulse verhindert werden.
Die organischen und anorganischen Bestandteile in Deatherm E 641 GL wirken synergistisch. Das organische Harz wurde so entwickelt, dass es hochtemperaturbeständig ist und seine flexible Struktur demzufolge auch unter Hochtemperaturbelastungen aufrecht erhält. Andererseits weisen die anorganischen Bestandteile eine hohe Affinität zum Harz sowie eine ausgezeichnete Verteilung im Bindemittel auf, was für die notwendige Homogenität des flüssigen Lacks vor der Auftragung sowie der ausgehärteten Beschichtung im Anschluss an den Lackierprozess sorgt.
Durch die Einbringung anorganischer Stoffe in Nanogröße werden Härte und Sprödigkeit der resultierenden Beschichtungen im Vergleich zu denen mit entsprechenden Materialien in Mikrometergröße deutlich reduziert. Das speziell entwickelte organische Harz, das neben einer hohen thermischen Beständigkeit auch exzellente mechanische Eigenschaften aufweist, gewährleistet zusammen mit geeigneten Vernetzern und eingearbeiteten Nanofüllern eine homogene Verteilung der letztgenannten in der endgültigen, ausgehärteten Beschichtung.
Da der Abstand zwischen den anorganischen Füllstoffen in Deatherm E 641 GL relativ gering gehalten wird, ergibt sich eine sehr kompakte Beschaffenheit des Isolierstoffes, wodurch Defekte minimiert werden. Dies wirkt sich positiv auf die dielektrische Durchschlagfestigkeit aus, die in starkem Maße von Defekten in der ausgehärteten Lackschicht selbst abhängt. Anorganische Füllstoffe besitzen die Fähigkeit, die durch Teilentladungen, dielektrische Erwärmung und Raumladungen hervorgerufene Degradation der Isolierung zu verlangsamen.
Wird Deatherm E 641 GL Teilentladungen ausgesetzt, ist die Oberflächenerosion sehr viel geringer als bei herkömmlichen Lacken, was Untersuchungen mittels Rasterelektronenmikroskopie (REM) belegen. Diese Oberflächenverbesserung erklärt sich über das sogenannte "Keramisierungs"-Phänomen, das beim Auftreten von Teilentladungen auf der Lackoberfläche entsteht, wodurch eine Barriere gegen die Oberflächendegradation gebildet wird.
Deatherm E 641 GL zeigt eine verbesserte Produktlebensdauer unter Alterungsbedingungen bei Oberflächenteilentladungen, sowohl bezüglich hochfrequentem sinusförmigem als auch gepulstem Spannungsverlauf. Dieses Verhalten macht Deatherm E 641 GL insbesondere geeignet für umrichtergespeiste Motoren, die transienten Stoßspannungen bipolarer Impulse mit einer Anstiegszeit im Mikro- oder Nano-Sekundenbereich ausgesetzt sind. Die Wicklungen solcher Motoren sind unter Umständen Oberflächenteilentladungen ausgesetzt, die durch Überspannungen aufgrund von Resonanz- und Reflexions-Phänomenen entstehen.
An der Fakultät für Elektrotechnik der Universität Genua, Italien, wurden Tests gemäß IEC 60851-5 an mit Deatherm E 641 GL isolierten verdrillten Lackdrähten durchgeführt.
Die Alterungstests wurden durchgeführt, indem die verdrillten Prüflinge Spannungsverläufen ausgesetzt wurden, die darauf abzielten, die elektrische Beanspruchung nachzustellen, die am Ausgang eines hochgetakteten Frequenzumrichters verursacht werden.
Für den Prüfablauf wurden die Prüflinge (drei je Draht) bei 150 °C 24 Stunden vorgewärmt und während der Messungen auf dieser Temperatur gehalten. Als Prüfkriterium wurde der Totalausfall, d.h. der Ausfall der Isolierung (elektrischer Durchschlag), festgelegt. Der Stromversorgungskreis bestand aus einem Arbitrary Waveform Generator und einem linearen Leistungsverstärker mit einer Bandbreite von 10 Hz bis 100 kHz bei einer maximalen Ausgangsspannung mit einem Spitze-Spitze-Wert von 6 kV.
Die Alterungstests wurden bei hochfrequentem PWM-ähnlichem Spannungsverlauf mit 5.000 V Spitze-Spitze und den folgenden Eigenschaften durchgeführt: Grundfrequenz 3.000 Hz, Schaltfrequenz 24.000 Hz, Anstiegszeit 0,67 kV/μs (gemessen bei 5.000 V Spitze-Spitze), Einschaltdauer 50 %. Die gepulste Spannung (Abb. 1) zeigte Spannungsspitzen bei jeder ansteigenden und fallenden Flanke mit Amplituden, die dem konstanten Teil jedes Pulses entsprachen, um einen PWM-Motoranschluss unter Reflexions- und Resonanz-Bedingungen zu simulieren.
Das Ergebnis der Prüfungen bei 5.000 V und hochfrequentem PWM-ähnlichem Spannungsverlauf wies im Vergleich zu herkömmlichen PEI eine siebenfach längere Zeit bis zum Totalausfall (Tbd) aus.
Es wurden weitere elektrische Alterungstests bei hochfrequentem PWM-ähnlichem Spannungsverlauf durchgeführt, um Lebensdauerkennlinien der getesteten Lacke zu erhalten und das mittel- bis langfristige Verhalten der Lacke untersuchen zu können. Drei Spannungsamplitudenniveaus wurden untersucht; die jeweiligen Zeiten bis zum Totalausfall (Tbd) wurden mittels des sogenannten Inverse Power Law wie folgt zur Spannungsamplitude in Bezug gesetzt (Bild).
Vpp entspricht hier der Spitze-Spitze-Spannungsamplitude, K ist eine materialabhängige Konstante und n ist der sogenannte Koeffizient der elektrischen Spannungsfestigkeit (voltage endurance coefficient). Aufgetragen in einem doppelt logarithmischen Spannungs-Zeit-Diagramm (V/t), ergibt sich für (1) eine Gerade, deren Steigung -1/n ist. Die Koeffizienten K und n können dann über lineare Regressionsmethoden bestimmt werden.
Deatherm E 641 GL weist eine deutlich erhöhte Lebensdauer auf als herkömmliche PEI bei identischen Spannungsbeanspruchungen. Durch Extrapolation der erhaltenen Lebensdauerkennlinien kann die Spannungsamplitude bei einer entsprechenden theoretischen Lebensdauer von 20 Jahren (V20) geschätzt werden. Eine solche Extrapolation ergibt V20 = 125 V für PEI und V20 = 2.050 V für Deatherm E 641 GL.
Neben der naheliegenden Betrachtung, dass die Beanspruchung bei einer erwarteten Lebensdauer von 20 Jahren bei Deatherm E 641 GL einem Vielfachen von dem herkömmlicher Materialien entspricht, ist ein Vergleich der geschätzten Lebensdauer mit der Teilentladungseinsatzspannung (PDIV) interessant, die vor den Tests gemessen wurde. Bei den gegebenen Spannungsverläufen in den Tests liegt die Teilentladungseinsatzspannung der Lacke bei 1.750 V Spitze-Spitze. Theoretisch bedeutet dies, dass Deatherm E 641 GL, das neue High-Tech-Produkt von ELANTAS, mehr als 20 Jahre lang Teilentladungen standhalten könnte, was einer signifikanten Steigerung der Zuverlässigkeit von elektrischen Motoren gleichkäme.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass es bisher noch keinen Lack gegeben hat, der unter Teilentladungsbedingungen über mehrere Jahre bei vergleichbaren Betriebsspannungen (bipolare Rechteckimpulse, Überspannungsfaktor = 2; V > Teilentladungseinsatzspannung) zuverlässig funktioniert.
Quelle: ALTANA AG