Abbildung 1: Kupferkathode beim Herausheben aus dem Elektrolysebad in einem Werk von Aurubis. Das Unternehmen produziert jährlich knapp 600.000 Tonnen Kupferkathoden. (Quelle: Aurubis Pressebild)
Oberleitungen und Telekomkabel im Wert von bis zu 15 Millionen Euro wurden der Deutschen Bahn einem Bericht der Zeitung „Die Welt“ zufolge bis Ende Oktober vergangenen Jahres gestohlen. Wahrscheinlicher Grund für die Diebstähle: Das Kupfer in den Leitungen. Kein Wunder, der Rohstoff ist so wertvoll wie nie zuvor. Bei 9700 Dollar pro Tonne stand der Preis Mitte Januar 2011 – zum Vergleich: Zwei Jahre zuvor erreichte er gerade einmal 3300 Dollar pro Tonne.
Neben den marktüblichen Spekulationen war wohl auch die weltweite Nachfrage nach dem Rohstoff für diese Hausse verantwortlich. Wolfgang Reitz vom Fachverband Kabel und isolierte Drähte zufolge ist Kupfer immer noch ein sehr wichtiger Rohstoff, der uns im täglichen Leben ständig begegnet: „Sie finden Kupfer in allen Geräten und Stromkabeln zuhause.“ Zudem würden auch 90 Prozent der im Automobilbereich verwendeten Kabel und Drähte aus Kupfer sein. Die anspringende Automobilproduktion sei eine von drei Ursachen für den steigenden Bedarf – und damit auch für die gestiegenen Preise. Dazu komme laut Reitz der Ausbau des Stromnetzes und die Folgen der „fortschreitenden Industrialisierung“, die sich auch im kleinen Rahmen bemerkbar mache: „Jeder Haushalt hat heute sein eigenes Netzwerk und braucht demzufolge Kabel und Drähte.“
Bei etwa 1,3 Millionen Tonnen Kupferkathoden hat der Bedarf in Deutschland im Jahr 2010 gelegen, erklärt die Aurubis-Sprecherin Michaela Hessling. Der derzeit größte Kupferproduzent in Europa wandelt Kupferkonzentrate, Altkupfer und Recyclingstoffe zu sogenanntem Halbzeug um. Darunter fällt beispielsweise Gießwalzdraht, der dann zur Weiterverarbeitung an die Draht- und Kabelindustrie geliefert wird. Die Elektro- und Elektronikindustrie ist Hessling zufolge der Hauptabnehmer des von Aurubis produzierten Kupfers. Weltweit gingen ihr zufolge 70 Prozent des Kupfers in die Kabel- und Drahtproduktion. Das Deutsche Kupferinstitut, eine technisch-wissenschaftliche Beratungsstelle der Kupferindustrie, bestätigt diese Angaben weitgehend. Derzeit würden in Deutschland knapp drei Fünftel des verwendeten Kupfers in die Elektroindustrie fließen, etwas mehr als die Hälfte davon werde wiederum für die Produktion von Kabel verwendet.
Der Preisanstieg in den vergangenen Jahren hat beim Kupferproduzenten Aurubis zu keinem Nachfragerückgang geführt. Das liege auch daran, dass sich Kupfer kaum ersetzen lasse, erklärt Michaela Hessling. Das wesentlich günstigere Aluminium verfüge nicht über dieselbe Leitfähigkeit wie Kupfer: „Es würde eines deutlich größeren Leitungsquerschnitts bedürfen, um dieselbe Energiemenge zu transportieren.“ Deswegen werde Aluminium vor allem bei Überlandleitungen eingesetzt. Einzig Silber habe eine gleichwertige Leitfähigkeit, sei aber noch teurer als Kupfer. Substitutionseffekte würden sich deswegen auf nichtelektronische Bereiche wie zum Beispiel Sanitäranlagen beschränken. Beim Stromtransport bleibe Kupfer das Maß aller Dinge.
Abbildung 2: Bohrplatz an der Lagerstätte bei Spremberg. Spätestens ab 2017 soll hier Kupfererz gefördert werden. (Copyright KSL Kupferschiefer Lausitz GmbH)
Wie auch bei den meisten anderen Rohstoffen sind Deutschland und Europa nicht gerade reich mit Kupfer gesegnet. 800.000 Tonnen fertige Kupferkathoden, also etwa 62 Prozent des Gesamtbedarfs, müssen Aurubis-Sprecherin Hessling zufolge jährlich importiert werden, der Großteil stammt aus Südamerika. Aurubis selbst produziere knapp 600.000 Tonnen Kupferkathoden pro Jahr, die dafür benötigten Kupferkonzentrate würden durch Recycling gewonnen oder direkt aus verschiedenen Minen auf dem gesamten Globus bezogen. Allerdings kaum aus Europa. Von wirtschaftlicher Bedeutung ist in Europa derzeit nur eine Abbaustätte in Polen. Die Mine in Polkowice produzierte nach Angaben der Betreiberfirma KGMH im Jahr 2009 29,7 Millionen Tonnen Kupfererz mit einem Kupfergehalt von circa 1,7 Prozent.
Die polnische Mine könnte allerdings bald Gesellschaft bekommen. Nahe des brandenburgischen Sprembergs soll spätestens ab 2017 wieder Kupfererz gefördert werden. Das zumindest beabsichtigt die Kupferschiefer Lausitz (KSL) GmbH. Dem Geschäftsführer des Unternehmens Thomas Lautsch zufolge lagern in der Stätte Spremberg und Graustein etwa 200 Millionen Tonnen gewinnbares Kupfererz. Der Kupferanteil liege zwischen ein und zwei Prozent, nach der Aufbereitung und Verhüttung blieben somit zwischen zwei und vier Millionen Tonnen Kupferkonzentrat. In diesem Frühjahr werden seismische Erkundungen in der Lagerstätte durchgeführt, im Herbst soll ein genaues Bild des Untergrunds vorliegen, anhand dessen der optimale Standort für die beiden Schächte des geplanten Bergwerks festgelegt wird. Ab 2013 soll das Bergwerk errichtet werden. Vier Jahre später wird nach derzeitiger Planung mit der Förderung des Kupfererzes begonnen.
Abbildung 3: Bohrturm an der Lagerstätte bei Spremberg Spätestens ab 2017 soll hier Kupfererz gefördert werden. (Copyright KSL Kupferschiefer Lausitz GmbH)
Bei Aurubis zeigt man sich erfreut über das Vorhaben, schränkt aber zugleich dessen Bedeutung ein: „Generell freuen wir uns schon, wenn es Quellen in Deutschland gibt. Man muss aber auch sehen, an wen das Kupfer verkauft wird und wie viel schlussendlich gefördert wird“, äußert sich Michaela Hessling zurückhaltend. Mit einer Gesamtmenge von zwei bis vier Millionen Tonnen Kupferkonzentrat würde die Lagerstätte bei Spremberg den derzeitigen Jahresbedarf von Aurubis in Höhe von 600.000 Tonnen gerade einmal dreieinhalb bis maximal sieben Jahre abdecken – wenn alles an Aurubis ginge. Zudem, ergänzt Hessling, sei das Projekt sehr gewagt, Bergbau sei in Deutschland ein sehr teures Unterfangen und immer an hohe Rohstoffpreise gebunden: „Das Projekt lebt und stirbt mit einem hohen Kupferpreis.“ Trotzdem gebe es schon Kontakte zwischen Aurubis und der KSL.
Es ist also ein unsicheres Vorhaben und vielleicht auch nicht viel mehr als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Trotzdem: Jede Tonne Rohstoff, die vor Ort gefördert – und auch weiterverarbeitet – werden kann, senkt die Abhängigkeit vom Import. Darüber hinaus gilt es den technischen Fortschritt zu nutzen und gebrauchtes Material zurückzugewinnen, rät auch Michaela Hessling: „Die große europäische Kupferquelle ist das Recycling.“
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