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Thema des Monats Dezember 2012

 

wire/Tube Aussteller und ihr Recruiting

Für mittelständische Unternehmen wird es zunehmend schwieriger, qualifiziertes Personal zu bekommen. Das liegt in erster Linie am demografischen Wandel unserer Gesellschaft, in der eine deutliche Alterung der Erwerbsbevölkerung abzulesen ist. Schon im Jahr 2020 wird jeder dritte Erwerbstätige über 50 sein. Es wird dann in den Betrieben mehr 50- als 30-Jährige geben.

Das Ringen um die klugen Köpfe – im Englischen etwas martialisch „War for talents“ genannt - wird deutlich zunehmen. Das stellt vor allem kleinere Unternehmen vor große Schwierigkeiten. Schon heute liegt der Anteil offener Stellen bei Firmen bis 10 Beschäftigten bei rund 20 Prozent; bei Unternehmen mit über 200 Mitarbeitern dagegen nur bei 10 Prozent.

Was tun? Die verschärfte Situation hat neue Wege bei der Nachwuchssuche und Bewerberauswahl erforderlich gemacht. Talent Scouts umtriebiger Unternehmen bevölkern ganzjährig Rekrutierungsmessen und pflegen ihre Hochschulkontakte auf den Informationsveranstaltungen der Universitäten. Auch unter den Ausstellern der Leitmessen wire und Tube ist dieses Problem bekannt.



© WAFIOS AG

Die WAFIOS AG

„In den letzten Jahren ist schon ein deutlicher Bewerberrückgang spürbar, und wir gehen davon aus, dass sich die Bewerberzahl auch in den nächsten Jahren weiter reduzieren wird“, meint Kerstin Barth, Personalreferentin der WAFIOS AG. „Allerdings müssen wir zum Glück bislang keinen signifikanten Einbruch bei deren mitgebrachten Qualifikationen feststellen“.

Das Reutlinger Unternehmen gilt als eines der weltweit führenden für Maschinen der Draht- und Rohrverarbeitung mit bedeutenden Aktivitäten in der Kaltmassivumformung und bietet Ausbildungen im gewerblichen (Industriemechaniker, Elektroniker, Mechatroniker), im technischen (Technische Produktdesigner) und im kaufmännischen Bereich (Industriekaufleute) an, die alle im gängigen Dualen Ausbildungssystem stattfinden.

„Wir kooperieren auch mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg für mehrere Bachelor-Studiengänge (Bachelor of Engineering: Fachrichtungen Maschinenbau, Elektrotechnik und Informationstechnik, sowie Bachelor of Arts, Fachrichtung Industrie). Darüber hinaus bieten wir eine Ausbildung nach dem „Reutlinger Modell“ an.“

Bei diesem durchlaufen die Auszubildenden ihre 2-jährige Ausbildung zum Industriemechaniker im Unternehmen, während sie parallel dazu bereits ein erstes Semester Maschinenbau an der FH Reutlingen absolvieren. Nach Abschluss ihrer Facharbeiterausbildung führen sie ihr Studium noch 5 Semester weiter.

Für die Personalreferentin liegen die Vorteile auf der Hand: „Alle Beteiligten profitieren von der engen Bindung der Studenten an unser Unternehmen, da spezielle Vorkenntnisse und Kontakte durch die Ausbildung vertieft werden können. Auch während des Studiums besteht ständiger Kontakt; so haben wir z.B. einen Stammtisch für ehemalige und aktuelle ‚RT-Modeller’ ins Leben gerufen, an dem auch Ausbilder und Personalverantwortliche teilnehmen.“

Außerdem bietet das Unternehmen Ferienjobs und Betreuungsangebote für die Abschlussarbeiten der Reutlinger Modell-Studenten an. Eine derart sorgfältige Kontaktpflege lohnt sich für die WAFIOS AG. Kerstin Barth: „Dies findet alles auf freiwilliger Basis statt, da die Studenten nach Abschluss ihrer Ausbildung nicht mehr an unser Unternehmen gebunden sind. Doch gerade über diese Bachelor- und Masterarbeiten konnten wir in den letzten Jahren ein Dutzend hochqualifizierte Mitarbeiter gewinnen.“



© LSW (Photo: Markus Kihm)

Die Lech-Stahlwerke

Am Recruiting-Wettbewerb beteiligt sich auch die Lech-Stahlwerke GmbH, die pro Jahr über 1 Million Tonnen Beton-, Qualitäts- und Edelbaustahl erzeugt. Das Unternehmen ist dabei Recyclingunternehmen und Stahlwerk in einem. Zu den Kunden gehören neben dem Bausektor vor allem die europäische Automobil- und deren Zulieferindustrie.

Zum 1. September hat bei den Lech-Stahlwerken das neue Ausbildungsjahr begonnen. Von insgesamt 150 Bewerbern schafften es 15 Jugendliche in die Auswahl, die nun ihre ersten drei Monate erfolgreich absolviert haben.

Der Ausbildungsjahrgang 2012 setzt sich zusammen aus fünf Maschinen- und Anlagenführern, vier Industriemechanikern, drei Elektronikern für Betriebstechnik und einem Industriekaufmann. Erstmalig in diesem Jahr werden bei den Lech-Stahlwerken auch zwei Werkstoffprüfer für Wärmebehandlungstechnik ausgebildet.

Für LSW-Ausbildungsleiter Klaus Raab beginnt damit auch die Bewerbungsphase für das Ausbildungsjahr 2013, die mittlerweile online durchgeführt wird. Interessenten für das nächste Ausbildungsjahr können sich im Internet auf der LSW-Homepage über das Ausbildungsangebot informieren und Ihre Bewerbungen gleich online einreichen.

Im aktuellen Jahrgang gab es bereits 50 Bewerber auf eine kaufmännische Stelle, aber nur 35 Bewerber auf die 12 gewerblichen Stellen. „Gerade im gewerblichen Bereich sind gute Leute schnell vergeben“ weiß Klaus Raab. Nach einer zweiwöchigen Eingewöhnungsphase bei LSW gehen die gewerblichen Auszubildenden nach Augsburg zur MAN. Dort verbringen sie den Großteil ihres ersten Ausbildungsjahres, denn LSW bildet im Verbund mit der MAN aus, um die zukünftigen Facharbeiter besser auf ihre vielfältigen Aufgaben vorzubereiten. Bei erfolgreichem Abschluss der Prüfung winkt eine dauerhafte berufliche Laufbahn bei den Lech-Stahlwerken.

Bewährt hat sich für den Ausbildungskoordinator ebenfalls die Zusammenarbeit mit der österreichischen Universität Leoben. Von der ca. 400 km entfernten Montan-Universität absolvieren regelmäßig sogenannte Ferialpraktikanten ihr per Studienordnung vorgeschriebenes Pflichtpraktikum bei LSW. Ferner bekommen regelmäßig bis zu 30 Studenten aus Leoben regelmäßig saisonale Ferienjobs. Das intensive Schnuppern ins Berufsleben inklusive leistungsgerechter Vergütung und Kontaktvertiefung im Betrieb hat schon einige junge Studenten aus Leoben langfristig an die Firma gebunden. Für Klaus Raab ist das eine win-win-Situation: „Im Austausch entsenden wir unsere Meisterkandidaten zur Weiterbildung nach Österreich. Diese Art der Kooperation zahlt sich letztlich für alle aus.“




Recruiting und die digitalen Medien

Beide Firmen nutzen Plattformen der Hochschulen und IHK für ihre Akquise. Darüber hinaus sind ihre Stellen auf den vom jüngeren Publikum präferierten Online-Jobbörsen zu finden. Auf den Firmenwebseiten finden sich Such- und Registriermasken für Schulabgänger und Jobsuchende. Hier seien die Wege kurz, betont Klaus Raab: „Wer sich dort registriert oder gleich online bewirbt, dessen Unterlagen landen quasi direkt auf meinem Schreibtisch.“

„Auch wir werden in naher Zukunft weitere interaktive Maßnahmen auf Web 2.0-Plattformen ergreifen“, verrät Kerstin Barth. „Zum Beispiel wollen wir unseren Azubis ermöglichen, ihren eigenen Facebook-Auftritt einzurichten; auch auf Xing ist ein ausführliches Firmenprofil in Planung.“

Firmenseitige Affinität zu Social Media hat ihrer Meinung nach weniger mit der Größe als vielmehr mit der Altersstruktur eines Unternehmens zu tun: „Für junge Leute ist das Internet selbstverständlich. Und wenn man diese Zielgruppe erreichen will, muss man sich mit dem Thema entsprechend auseinandersetzen.“

Frank Lindner

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